Rente: Immer mehr Menschen fürchten um ihre Altersvorsorge

Die Preise in Deutschland steigen so schnell wie seit rund 30 Jahren nicht mehr. Deshalb fürchten immer mehr Menschen nun, dass ihre Rente nicht reichen wird.
Frankfurt – Immer mehr Menschen in Deutschland machen sich Sorgen, dass ihre Rente für ein gutes Leben nicht ausreicht. Vor allem durch die steigende Inflation fürchten inzwischen außer Jüngeren auch viele Ältere um ihren Lebensstandard. Tatsächlich kratzt die Inflationsrate in Deutschland mit 3,9 Prozent im August erstmals seit knapp 28 Jahren wieder an der Vier-Prozent-Marke. Fachleute erwarten in den nächsten Monaten weiter steigende Teuerungsraten, werten den Anstieg der Verbraucherpreise in Europas größter Volkswirtschaft aber als vorübergehendes Phänomen.
Nach einem Preissprung von 2,3 Prozent im Juni auf 3,8 Prozent im Juli zog die jährliche Teuerungsrate im August moderat weiter an. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Freitag (10.09.2021) seine vorläufigen Berechnungen von Ende August. Einen höheren Wert für die jährliche Teuerungsrate als im August 2021 gab es zuletzt im Dezember 1993 mit 4,3 Prozent.
Rente: Kaufkraft durch höhere Inflation geschwächt
Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft, weil sich die Menschen für einen Euro dann weniger kaufen können als zuvor. Auch für diejenigen, die Geld beispielsweise auf mickrig verzinsten Tagesgeldkonten parken, sind steigende Inflationsraten bitter. Ihre Guthaben verlieren unter dem Strich an Wert. Besonders schwerwiegend ist die Situation für ältere Menschen, die fürchten, dass ihre Rente nicht reichen wird. Die Verbraucherpreise in Deutschland steigen, das Thema Altersarmut wird immer aktueller.
Klaus Morgenstern, Sprecher des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) sieht laut Tagesschau.de einen Zusammenhang zwischen der Inflation und der Altersarmut: „Die Befürchtung, später mal nicht genug zu haben, wächst jedes Jahr. Das zeigen unsere langfristigen Befragungen. Das Zutrauen in das gesetzliche Rentensystem sinkt. Gerade die Jüngeren sind pessimistisch. Immer mehr interessieren sich für die private Vorsorge. Hier ist das Vertrauen aber Schwankungen unterworfen - wie etwa rund um die Weltfinanzkrise.“
Professor für Finanzwissenschaft hat gute Nachrichten zur Rente
Dagegen hat Bernd Raffelhüschen, Professor für Finanzwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität gute Nachrichten, was die Rente angeht: „Für die Rentner ist die aktuelle Geldentwertung kein Problem. Die Renten sind an die Löhne gekoppelt. Die Gewerkschaften dürften bei den nächsten Tarifverhandlungen höhere Abschlüsse durchsetzen. Diese Erhöhungen kommen dann zeitversetzt bei den Rentnern an.“ Dies sagte er im Gespräch mit Tagesschau.de. Das Rentensystem sei bei den aktuellen Zahlen eine Art Inflationsschutz.
Man könnte nun also annehmen, dass alles in Ordnung sei. Schließlich betonten die Europäische Zentralbank oder die Bundesregierung, dass die Inflation bald wieder deutlich zurückgehen werde. Der Einmaleffekt der Mehrwertsteuersenkung falle weg. Nach der Corona-Krise habe es ebenfalls einen starken, einmaligen Nachfrageschub gegeben.
Mittelfristiges Problem bei Rente bleibt bestehen
Davon ist Raffelhüschen allerdings nicht überzeugt: „Das, was gesagt wird, ist ganz sicher falsch. Die Europäische Zentralbank hat für viele Milliarden Staatspapiere von EU-Krisenländern gekauft - mit neu gedrucktem Geld. Das ist jetzt am Markt und geht nach den Immobilien jetzt in die Konsumgüter. Vielleicht geht die Inflation bald etwas zurück. Aber es wird ein mittelfristiges Problem bleiben.“ Darauf sollten sich Jüngere mit privater Vorsorge einstellen - mit einer breit gestreuten Anlage.
Demnach seien das Rentensystem und die Bezieher vor allem wegen des demografischen Wandels bedroht. „Das geht schon seit vielen Jahren so. Ab 2025 gehen aber Millionen in die Rente. Das wird die große Belastungsprobe, weil es dann im Verhältnis viel zu wenig Beitragszahler gibt“, prognostiziert der Finanzwissenschaftler im Gespräch mit Tagesschau.de. Hier habe die Politik parteienübergreifend über Jahre versagt. So sei das Renten-System nicht zukunftsfest. „Das weiß die Politik und versucht das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten.“ (Luisa Ebbrecht)