Neustart für die Nerzzucht

Das coronabedingte Verbot von Pelzfarmen in Dänemark ist vor Kurzem ausgelaufen. Jetzt werden Tiere aus Norwegen eingeführt.
Ausgerechnet Dänemark! Während ein Land nach dem anderen die Pelztierzucht in kleinen Käfigen als besonders grausame Form der Massentierhaltung verbietet, kommt jetzt aus dem dänischen Thyholm die Meldung von einem „Neustart“. Gut zwei Wochen nach Ende einer befristeten Zwangspause sind aus Norwegen 753 der kleinen, in Freiheit solitär lebenden Raubtiere in einem LKW angeliefert worden. Louise Simonsen vom Züchterverband war dabei und ließ sich im Fachblatt „Landwirtschaft Nord“ zitieren: „Fantastisch! Wir sind wieder da, wo wir sein wollen.“
Jedenfalls im Prinzip. Vor etwas mehr als zwei Jahren hatte Dänemark bei mehr als 15 Millionen Tieren mit dem weichen Pelz den Platz als weltweiter Branchenführer inne. Damit war auf einen Schlag Schluss, als sich in den vor allem in Nordjütland konzentrierten Zuchtfarmen ein mutierter Corona-Virus ausbreitete. „Vielleicht ein neues Wuhan“ alarmierte als möglicher Supergau für die ganze Welt auch die Regierung in Kopenhagen.
Massentötung von Nerzen ohne gesetzliche Grundlage
Ministerpräsidentin Mette Frederiksen ordnete die sofortige Tötung aller Tiere an und ließ ein befristetes Zuchtverbot ausstellen. Armeeeinheiten mussten bei der Massenschlachtung helfen, mitunter gegen dann sehr bestimmt beendeten Widerstand der Züchterinnen und Züchter. Riesige Kadaverberge, eiligst und notdürftig unter die Erde gebaggert, bescherten dem Land mitten in einer finsteren Corona-Phase zusätzliche Schrecken.
Die Verbreitung eines für Menschen gefährlichen neuen Virus blieb aus. Für die politisch Verantwortlichen in Kopenhagen wuchs dafür als neuer Schrecken die Erkenntnis, dass Frederiksen die Massentötung ohne gesetzliche Grundlage, also widerrechtlich angeordnet hatte. Sie musste neben den politischen Folgen auch mit juristischen vor Gericht rechnen. Zur tiefen Entschuldigung für den Fehler im eiligen Corona-Management gehörte die Ankündigung bemerkenswert großzügiger Entschädigungen für die stillgelegten Zuchtbetriebe.
Und wohl auch die stillschweigende Schlussfolgerung, dass ein Zuchtverbot auf Dauer den innenpolitischen Scherbenhaufen für die Regierung noch vergrößert hätte. Das bis 1. Januar 2023 geltende Zuchtverbot wurde nicht mehr erneuert. Das staatliche Seruminstitut versicherte, das Risiko neuer Corona-Viren aus den Nerzfarmen sei jetzt minimal und auch durch häufige Kontrollen beherrschbar.
Kritiker der Nerzzucht in Dänemark hoffen auf Brüssel
Peder Hvelplund, Parlamentsabgeordneter aus Hjørring, dem traditionellen Zentrum der dänischen Nerzzucht, kann gar nicht schnell genug den Kopf schütteln, wenn er das hört: „Was jetzt passiert, ist absurd. Wir haben 20 Milliarden Kronen (270 Millionen Euro) Steuermittel für die Stilllegung hingelegt, und jetzt geht es von vorn los. Ich sag meinem Kind auch nicht, es kann nachts ruhig über die Autobahn gehen, weil dann wenig Verkehr ist!“
„Vollkommen verrückt“ findet der Mann von der linken Einheitsliste, dass die Nerze zum Neustart der dänischen Zucht aus dem letzten Zuchtbetrieb bei den Nachbarn in Norwegen importiert worden sind. Dort ist das komplette Verbot für diese Branche zum Jahreswechsel in Kraft getreten. Wie inzwischen in mehr als 20 europäischen Ländern. In Deutschland sind die wirtschaftlichen Bedingungen für die Zucht der kleinen Pelztiere seit 2017 so verschärft worden, dass sie sich für die Züchterinnen und Züchter nicht mehr rechnet.
Wenn Kopenhagen der Nerzzucht in absehbarer Zeit nicht den Garaus machen will, könnte das Brüssel übernehmen. Wie „Agrar-Europe“ meldete, gibt es Bestrebungen, die Nerze ab 2024 in die Liste nicht einheimischer invasiver Arten aufzunehmen: „Sollte dies tatsächlich erfolgen, wird erwartet, dass ein vollständiges Verbot der Nerzzucht in der gesamten EU dauerhaft wird.“