- 0 Kommentare
- Weitere
Erneuerbare Energien Gesetz
Neues Leben für „Ü 20“
- vonJoachim Willeschließen
Die Koalition einigt sich endlich im Streit über die EEG-Novelle. Höhere Ökostromziele will man aber erst 2021 festzurren.
Die schwarz-rote Koalition will die Ausbauziele für Ökostrom anheben. Darauf haben sich CDU und SPD bei den Verhandlungen über die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) geeinigt. Zudem trafen sie Regelungen, die den Weiterbetrieb älterer Solar- und Windkraftanlagen („Ü 20“) sichern, die ab Januar aus der bisherigen EEG-Förderung herausfallen. Viele von ihnen hätten sonst vom Netz genommen werden müssen.
Bisher ist vorgesehen, dass der Anteil von Ökostrom am Stromverbrauch bis 2030 auf 65 Prozent steigen soll. Diese Marke wird nun hochgesetzt. Die genaue Höhe soll allerdings erst im ersten Quartal 2021 festgelegt werden. Hintergrund ist, dass sich die EU-Staaten in der letzten Woche auf ein höheres CO2-Reduktionsziel für 2030 geeinigt hatten - minus 55 statt 40 Prozent gegenüber 1990. Das hat auch Folgen für die Bundesrepublik. Sie muss unter anderem den Hochlauf der erneuerbaren Energien beschleunigen.
Neu ist, dass die „ausgeförderten“ Solaranlagen vorerst nicht mit intelligenten Stromzählern ausgerüstet werden müssen, die sie unrentabel gemacht hätten. Windkraft-Betreiber bekommen für die Altanlagen pro Kilowattstunde vorerst den Marktwert des Stroms plus einen Cent. Für sie soll später eine eigene, neue Förderung geschaffen werden. Verbesserung sind in der EEG-Novelle auch für Solaranlagen geplant, die auf Mietshäusern gebaut werden. Zudem soll der Eigenverbrauch von selbst produziertem Solarstrom erleichtert werden. Verbessert wurden auch die Regelungen zur Beteiligung von Kommunen, auf deren Gebiet Windräder gebaut werden. Betreiber können ihnen künftig anbieten, 0,2 Cent pro Kilowattstunde an sie abzugeben. Das Ziel ist, die Akzeptanz bei Bürger:innen zu erhöhen.
Die Verhandlungen über die EEG-Reform zogen sich über Monate hin, nachdem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im Oktober den Entwurf dafür vorgelegt hatte. Es war sogar ein Scheitern befürchtet worden. Das neue Gesetz soll noch in dieser Woche von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden, damit es zum 1. Januar in Kraft treten kann.
Grüne: Das reicht nicht
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) kommentierte am Montag, es seien wichtige Verbesserungen umgesetzt worden. So habe der „Unsinn“, dass funktionstüchtige Windräder vom Netz genommen werden, abgewendet werden können. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch ergänzte: „In zentralen Punkten wie zum Beispiel bei Mieterstrom, Altanlagen und der finanziellen Beteiligungsmöglichkeit von Kommunen sind wir entscheidende Schritte weitergekommen.“ Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann sagte: „Wichtig ist für mich, dass wir die Rolle der Standortkommunen stärken.“
Heftige Kritik kam von der Opposition und Umweltverbänden. Aus Sicht der Grünen geht die Novelle nicht weit genug. Es gebe „kleine Verbesserungen“, die aber nicht zu dem dringend notwendigen Ausbau der Ökoenergien führen werden, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer.
Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) kritisierte die Einigung als Sammlung „unzureichender und unausgegorener Formelkompromisse“. Greenpeace kommentierte, der Groko fehle es „an Kraft und Entschlossenheit“ ihre Versprechen beim Klimaschutz in die Tat umzusetzen. Nur der SPD sei zu verdanken, dass es einzelne wichtige Verbesserungen an dem schwachen Altmaier-Entwurf gebe.
Eine vorläufige Bilanz für 2020 zeigte unterdessen, dass fast die Hälfte des hierzulande verbrauchten Stroms Grünstrom war – gut 46 Prozent. Gegenüber 2019 stieg der Anteil um fast vier Prozentpunkte. Ein Teil des Anstiegs ist allerdings auf den durch die Corona-Lockdowns gesunkenen Stromverbrauch zurückzuführen. Veröffentlicht wurden die Daten vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae kommentierte, der Anstieg dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, „dass der Ausbau der Erneuerbaren nicht schnell genug vorangeht“.