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Kreuzfahrten: Mit Schwer-Öl über die Weltmeere

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Von: Mechthild Henneke

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Kreuzfahrten: Bei Billigangeboten wird eher auf Nachhaltigkeit verzichtet.
Kreuzfahrten: Bei Billigangeboten wird eher auf Nachhaltigkeit verzichtet. © Moritz Wienert

Kreuzfahrtunternehmen werben mit Nachhaltigkeit, setzen Klimaschutzmaßnahmen aber nur langsam um. Deshalb sollte man seinen Urlaub auf möglichst neuen Schiffen buchen.

Frankfurt – Als Reiseform gelten Kreuzfahrten als besonders umweltschädlich. Viele Schiffe fahren immer noch mit Schweröl, das einen hohen Schwefelgehalt hat. Dieser führt zu massiven Emissionen. Ein besonders großer negativer ökologischer Fußabdruck der Reisenden ist die Konsequenz. Dennoch werben viele Kreuzfahrtunternehmen damit, dass sie Nachhaltigkeit unterstützen. Die FR hat nachgefragt, was schon an Maßnahmen ergriffen wurde und wie umweltschonend Kreuzfahrten heute sind.

Kreuzfahrten: Belastung durch Schweröl

Der Kern der Kritik von Umweltschützer:innen an der Kreuzfahrttouristik ist der Antrieb von Kreuzfahrtschiffen mit Schweröl. Dieses ist ein besonders schadstoffhaltiges Produkt aus Rohöl. „Es ist 3500mal dreckiger als Diesel in Straßenqualität“, sagt Sönke Diesener, Referent Verkehrspolitik beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Dieser untersucht regelmäßig die Emissionen von Kreuzfahrtschiffen. Der Antrieb mit Schweröl verursacht eine starke Luftverschmutzung durch Stickoxide, Schwefeloxide und Feinstaub. „Die Treibstoffnutzung findet auf offener Flamme statt. Da keine Katalysatoren oder Partikelfilter zwischengeschaltet sind, die bei Autos längst Standard sind“, sagt Diesener. Abgase und Feinstaub gelangen so in die Luft.

Neben der allgemeinen Belastung der Luft sind Menschen auch direkt betroffen von den Giftstoffen: Personen, die an Häfen leben und arbeiten, aber auch Menschen an Bord von Kreuzfahrtschiffen. „Wir haben im hinteren Bereich auf Deck von Kreuzfahrtschiffen gemessen und dort war die Belastung mit Feinstaub höher als an einer Hamburger Straßenkreuzung von zwei vierspurigen Fahrbahnen“, sagt Diesener.

Kreuzschifffahrt und Klimaschutz

Angesichts der Bedeutung des Themas Klima und Luftverschmutzung streben die Kreuzfahrtunternehmen nach einer Umrüstung der Schiffe. Auf die Nachfragen der FR reagierten Aida-Kreuzfahrten und Hurtigruten. „Wir haben uns das Ziel gesetzt, die emissionsneutrale Kreuzfahrt mit der gesamten Flotte bereits 2040 zu erreichen“, sagt Aida-Sprecherin Martina Reuter. „Die Hurtigruten Group verzichtet bereits seit 2010 freiwillig auf die Nutzung von Schweröl und setzt sich für ein Schwerölverbot ein“, sagt Hurtigruten-Sprecher Arne Karstens.

Hurtigruten ist auch nach Angaben von Diesener eines der umweltverträglicheren Kreuzfahrtunternehmen. Ansonsten fällt seine Bilanz negativ aus: „Klimaschutz in der Kreuzschifffahrt scheint derzeit vor allem ein Lippenbekenntnis zu sein“, sagt er. Neun von fünfzehn Anbietern würden sich zwar zu den Pariser Klimazielen bekennen, hätten aber keine nachvollziehbare Strategie, wie die Ziele erreicht werden können.

Grundsätzlich sind eher die größeren – alten Schiffe das Problem. Die kleineren Schiffe, die meist Expeditionen in der Luxusklasse anbieten, haben häufig schon umgerüstet. Die großen fahren weiter mit Schweröl – „und das finden wir einen Skandal“, sagt Diesener. Immerhin sei Schweröl mittlerweile auf Nord- und Ostsee nahezu verboten. Und auch weltweit seien die Schwefelgrenzwerte gesenkt worden. Doch statt das Schweröl zu ersetzen, würden die Schiffe eine neue Filtertechnik, sogenannte Schwefelwäscher, verwenden, die den Schwefel aus dem Abgas auswasche und ins Meer spüle. „Diese Technik wird heute bei fast 50 Prozent der deutschen Kreuzfahrtschiffe und zehn bis 30 Prozent in anderen Schiffsarten genutzt“, sagt Diesener.

Kreuzfahrten: Nachhaltige Angebote

Neben den genannten exklusiven Angeboten gibt es vereinzelt positive Beispiele für Nachhaltigkeit in der Kreuzfahrt. Vor allem neue Schiffe verwenden Katalysatoren. Zur Aida-Flotte gehören zurzeit zwei Schiffe, Aida Cosma und Aida Nova, die mit Flüssiggas (LNG) angetrieben werden. „Damit können 31 Prozent unserer Gäste auf Schiffen reisen, die vollständig mit LNG betrieben werden können“, sagt Reuter. Emissionen von Feinstaub und Schwefeloxiden werden dadurch nahezu vollständig vermieden und der Ausstoß von Stickoxiden und CO2-Emissionen verringert sich.

Das Kreuzfahrtschiff «Aidacara»
Aida Cruises baut Flotte um - Ziel: Nachhaltiges Wachstum © Markus Scholz/dpa

Eine weitere Neuerung ist die Nutzung von Landstrom zur Energieversorgung. „Elf Schiffe können, wo verfügbar, grünen Landstrom nutzen“, so das Unternehmen. Auf der Aida Nova soll dieses Jahr die erste Brennstoffzelle auf einem großen Passagierschiff in der Praxis getestet werden. Das Schiff wurde 2019 unter anderem wegen des LNG-Antriebs mit dem Umweltsiegel „Blauer Engel“ ausgezeichnet. Hurtigruten nutzt ebenfalls Landstromanschlüsse.

Kreuzfahrten: Nachhaltigkeit an Bord

Die Kreuzfahrtunternehmen versuchen auch bei der Betreuung der Gäste auf Nachhaltigkeit zu achten. Die Hurtigruten Group hat 2018 sämtliche Einwegkunststoffe von Bord verbannt. In den Küchen werden lokale, kurzgereiste Lebensmittel verwendet, 80 Prozent der Produkte werden bei Partnern an der norwegischen Küste gekauft.

Aida-Kreuzfahrten konnte bis Ende des Geschäftsjahres 2021 die Anzahl der Einwegplastikartikel im Vergleich zu 2018 um mehr als 70 Prozent reduzieren. Bis Ende 2022 wollen sie eine Einsparung um weitere 50 Prozent erreichen. Bei Lebensmittelabfällen sei bis 2021 pro Person an Bord und pro Tag die Menge um 23 Prozent gegenüber 2019 reduziert worden. Bis 2030 will man 50 Prozent erreichen.

Kreuzschifffahrt und Klimaschutz: Möglichkeiten für Verbraucherinnen und Verbraucher

Neben der Wahl eines möglichst modernen Schiffs gibt es weitere Möglichkeiten für Kreuzfahrttourist:innen, die eigene Klimabilanz zu verbessern. „Verbraucher können den CO2-Ausstoß der Reise über einen freien Anbieter oder direkt über den Kreuzfahrtanbieter kompensieren“, sagt Sabine Blanke, Juristin des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ). Eine Berechnung der CO2-Emissionen auf einer Kreuzfahrt bietet das Umweltbundesamt an.

Das EVZ nennt auch Umwelt-Gütesiegel als Anhaltspunkt. Einige Reedereien hätten ISO-Zertifizierungen für Umweltmanagement durchlaufen, so Blanke. Dabei wird unter anderem auf eine energiesparende Ausstattung, einen reduzierten Kraftstoffverbrauch und bordeigenes Recycling geachtet. Das EVZ erklärt zudem auf seiner Webseite, wie Reisende Greenwashing bei Reiseanbietern erkennen können. „Wir geben den Tipp, Zeit in eine Recherche zu investieren, vor der Buchung auf offizielle Gütesiegel zu achten und beim Preis realistisch zu sein“, sagt Blanke. Gemeint ist: Bei Billigangeboten wird eher auf Nachhaltigkeit verzichtet. (Mechthild Henneke)

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