Hartz 4: Mieten steigen rasant - „Der Staat zahlt zu viel“

Wohnungsmieten in Deutschland werden immer teurer. Empfänger:innen von Hartz-4 sind in besonderem Maße betroffen. Die Bundesregierung gerät in die Kritik.
Frankfurt – Ein Dach über dem Kopf zu haben, bedeutet eine Sorge weniger. Ganz besonders für einkommensschwächere Menschen, die auf Hartz 4 angewiesen sind. Gerade die Situation um die Corona-Pandemie bremste zuletzt die Hoffnung auf eine Erhöhung des Hartz-4-Regelsatzes. Doch auch die Mietpreise für Wohnungen in Deutschland – insbesondere in den Ballungsgebieten – werden immer teurer. Ausgerechnet Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld 2 sind davon in den vergangenen Jahren besonders betroffen. Nun gibt es Kritik am Vorgehen der Bundesregierung.
So bemängelt Robert Feiger, Vorsitzender der Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau), die Wohnungsbaupolitik der deutschen Bundesregierung. Denn: Die immer teurer werdenden Mieten kosten nicht bloß den jeweiligen Mieter bares Geld. Auch der Steuerzahler in Deutschland kommt für die horrenden Mietsummen auf. „Insgesamt kostet die drastische Steigerung der Mieten bei den Wohnungen von Hartz-4-Empfängern knapp zwei Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr“, sagte Feiger gegenüber der Funke-Mediengruppe und beruft sich dabei auf Berechnung des Eduard-Pestel-Institutes für Systemforschung.
Mieten für Hartz 4-Bezieher:innen: Anstieg der Mietpreise in Deutschland um gut 30 Prozent
Laut einer Wohnungsmarktanalyse des Institutes seien die Mietpreise für Hartz-4-Empfänger:innen seit 2015 um etwa 30 Prozent nach oben geklettert. Zum Vergleich: Die Verbraucherpreise im entsprechenden Untersuchungszeitraum zwischen Januar 2015 und März 2021 haben sich dagegen bloß um 9,1 Prozent gesteigert. „Selbst für einfache Wohnungen sind die Mieten in den vergangenen sechs Jahren also mehr als drei Mal so stark gestiegen wie die Verbraucherpreise“, so der Gewerkschaftsfunktionär Robert Feiger.
Bei den betreffenden Mietobjekten für Bezieher:innen von Arbeitslosengeld 2 (Hartz 4) handelt es sich in der Regel um Wohnungen mit Grundausstattung und einfachen Standards. Selbst in dieser Immobilienkategorie sei aber ein Anstieg des Mietpreises von 5,43 Euro auf 7,05 Euro pro Quadratmeter zu verzeichnen. Eben eine Erhöhung um satte 29,7 Prozent.
Da der Staat für die Mieten von Bezieherinnen und Beziehern von Hartz 4 aufkommt, zahle er damit jeden Monat mehr als 164 Millionen Euro „zu viel“ für die Wohnungsmieten. Darüber hinaus hätten Bund und Länder zusätzlich 2,2 Milliarden Euro pro Jahr in den Bau von Sozialwohnungen investiert. Feiger spricht in diesem Zusammenhang von einer verfehlten Wohnungsbaupolitik der Bundesregierung. „Wenn der Staat durch eine effektivere Wohnungsbaupolitik für mehr Neubau vor allem von bezahlbaren Wohnungen und von Sozialmietwohnungen gesorgt hätte, dann würde es auch mehr preisgünstige Wohnungen auf dem Markt geben“, sagt der Gewerkschaftsvorsitzende. Mit dieser Maßnahme hätte der Staat laut Feiger dazu beitragen können, dass sich der Mietpreisanstieg in etwa auf dem Niveau der Verbraucherpreis-Entwicklung hält.
Hohe Mietpreise für Hartz-4-Empfänger:innen: Kritik an Wohnungsbaupolitik der Regierung
„Der Staat investiert nur effektiv, wenn er Geld in die Wohnungsbauförderung steckt. Aber garantiert nicht, wenn er immer größere Summen für immer höhere Mieten auf die Konten von Vermietern überweist.“, so der Chef der IG Bau. Er fordert die kommende Bundesregierung nach der Bundestagswahl 2021 dazu auf, eine Initiative für mehr bezahlbaren und sozialen Wohnungsbau zu starten.
Die Regierung solle, so der IG Bau-Chef, „gemeinwohlorientierte Anbieter von Wohnraum stärken – insbesondere durch Eigenkapital für kommunale Wohnungsunternehmen und durch die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit” und „die Kommunen finanziell beim Kauf von Grundstücken und so genannten Schrottimmobilien unterstützen“. Laut Feiger könnten diese Maßnahmen für Entspannung sorgen. Verstärkte Investitionen in den sozialen Wohnungsbau könnten somit auch den Steuerzahler in Deutschland entlasten. (yw)