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Menschenrechte kommen unter die Räder

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Von: Joachim Wille

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Ein rascher Umstieg vom Verbrennungs- auf den Elektromotor sei dringend geboten, heißt es in einer Studie.
Ein rascher Umstieg vom Verbrennungs- auf den Elektromotor sei dringend geboten, heißt es in einer Studie. © imago

Eine Studie analysiert den Rohstoffverbrauch der deutschen Autobauer. Schäden für Umwelt und Bevölkerung im globalen Süden.

Elektroautos sind schon heute deutlich klimafreundlicher als Benziner oder Diesel. Beim derzeitigen Strommix produziert ein „Stromer“ nach Angaben des Branchenverbandes BDEW im Fahrbetrieb bereits knapp 60 Prozent weniger CO2 als ein konventionelles Fahrzeug, und wer reinen Ökostrom tankt, liegt noch besser.

Ein rascher Umstieg vom Verbrennungs- auf den Elektromotor sei dringend geboten, heißt es in der unlängst veröffentlichten Studie „Weniger Autos, mehr globale Gerechtigkeit“, die von den kirchlichen Entwicklungsorganisationen Brot für die Welt und Misereor sowie der NGO Powershift veröffentlich wurde. Die Bundesregierung solle ein Ausstiegszenario für den Verbrennungsmotor erarbeiten und ein „nahes Datum für das Ende seiner Zulassung benennen.“ Allerdings: Um die Nachhaltigkeitsprobleme des Autoverkehrs zu lösen, müsse die Autoflotte deutlich reduziert werden.

Die Studie analysiert den Rohstoff- und Energieverbrauch der deutschen Autoindustrie und die damit verbunden Auswirkungen auf Klima, Umwelt und die Menschenrechte in den Entwicklungsländern. Die Autoindustrie in Deutschland als größte Branche des verarbeitenden Gewerbes gehört bereits heute zu den größten Ressourcenverbrauchern, wobei die metallischen Primärrohstoffe wie Stahl und Kupfer zu fast 100 Prozent aus dem Ausland stammen. „Oftmals werden diese unter katastrophalen menschenrechtlichen, ökologischen und sozialen Bedingungen in Ländern des globalen Südens abgebaut“, heißt es in der Untersuchung. Da die Neuwagen im Schnitt immer schwerer würden, wachse das Problem. Inzwischen sind rund zehn Prozent der Pkw SUVs oder Geländewagen, ihr Anteil an den Neuzulassungen beträgt inzwischen 22,5 Prozent.

Spezialmetalle werden für Elektromotoren benötigt

Da für die Produktion von Elektromotoren und Akkus zusätzlich Spezialmetalle wie Kobalt, Lithium, Graphit und Nickel benötigt werden, nimmt deren Verbrauch weltweit drastisch zu. Laut der Studie könnte der Verbrauch von Lithium für E-Autos die heutige Produktion bereits um das Vierfache übersteigen, und auch der prognostizierte Kobaltverbrauch liege deutlich über den derzeit geförderten Mengen.

Beim Abbau dieser Rohstoffe würden oft Böden, Wasser und Luft verseucht und der Bevölkerung in den betroffenen Regionen die Lebensgrundlagen entzogen, kritisiert Brot für die Welt-Referent Sven Hilbig. Außerdem sähen sich Umweltschützer und Menschenrechtsverteidiger vielfach Repressalien ausgesetzt. Hotspots sind hier unter anderem das sogenannte Lithiumdreieck zwischen Argentinien, Bolivien und Chile sowie die kobaltreiche Demokratische Republik Kongo.

Die deutschen Autobauer hätten durchaus erkannt, „dass sie die Herkunft der Rohstoffe und die menschenrechtlichen Auswirkungen nicht länger ignorieren können“, bewertet Misereor-Referent Armin Paasch die Lage. Allerdings: „Vor Ort hat sich für die Betroffenen wenig verändert.“ Er fordert deswegen, die deutschen Unternehmen gesetzlich zu verpflichten, dass sie für die Achtung der Menschenrechte in ihrer Wertschöpfungskette Sorge tragen müssen. 

Um Mobilität in eine umwelt -und klimafreundliche sowie global gerechte Spur zu bringen, braucht es laut der Studie zudem eine grundlegende Verkehrswende. Die Zahl der in Deutschland zugelassenen Autos – 56,5 Millionen Kraftfahrzeuge, davon 46,5 Millionen Pkw – müsse dazu „drastisch reduziert“ und der Vorrang des Autos in der Stadtplanung und bei der Finanzierung der Infrastruktur beendet werden. „Elektroautos mit Akkuspeicher sind zwar ökologisch die derzeit beste Option, um Verbrennungsmotoren zu ersetzen, aber auch sie verbrauchen endliche Rohstoffe in hohen Mengen“, sagte die Mitautorin der Studie, Merle Groneweg von Powershift. 

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