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Frankreichs Industriepolitik: Macrons grünes Mantra

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Von: Stefan Brändle

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Der Strom für Macrons ambitionierte Industrieprojekte soll auch aus diesem Windpark am Ärmelkanal stammen.
Der Strom für Macrons ambitionierte Industrieprojekte soll auch aus diesem Windpark am Ärmelkanal stammen. © IMAGO/Andia

Batterien, Solarwerke, Windparks: Der französische Präsident lanciert derzeit ökologische Industrieprojekte in Serie. Doch sind sie wirklich nachhaltig – oder eher protektionistisch?

Lokalpolitiker in Dünkirchen träumen bereits von einem „Battery Valley“ – in Anlehnung an das Silicon Valley in Kalifornien. Denn Emmanuel Macron verkündete letzte Woche den Bau zweier neuer Gigafabriken für Batterien in der nordfranzösischen Hafenstadt. Das taiwanesische Unternehmen Prologium investiert 5,2 Milliarden Euro, die chinesische Lithiumverarbeiterin XTV 1,5 Milliarden. Den Strom dazu soll das Atomkraftwerk Gravelines sowie ein neuer Offshore-Windpark im Ärmelkanal liefern.

Damit nicht genug. Am Montag hat Macron beim jährlichen Investorentreffen „Choose France“ („Wählen Sie Frankreich“) in Versailles weitere Milliardeninvestitionen bekanntgegeben, unter anderem ein 700 Millionen Euro schweres Solarwerk von InnoEnergy mit Aktionär Siemens in Sarreguemines (Lothringen).

Macron trifft Elon Musk, um Investitionen für die französische Wirtschaft einzuwerben

Macron will grüne Industrien nach Frankreich holen. „Bisher haben wir indirekt auch Solarstationen subventioniert, die am Ende der Welt liegen“, meinte dazu Industrieminister Roland Lescure. „Jetzt werden wir Sonnenkollektoren ‚Made in France‘ produzieren.“

Macron traf sich am Montag in Schloss Versailles auch mit dem US-Starunternehmer Elon Musk, dazu mit den Konzernspitzen von Pfizer, ArcelorMittal, Walt Disney und den Investitionsfonds von Saudi-Arabien, Katar und Quebec. Sein proaktives Liebeswerben um internationale Investoren zahlt sich aus: Frankreich ist das vierte Jahr in Folge das europäische Land mit den höchsten Investitionen ausländischer Firmen und Anleger:innen. Sie machen heute ungefähr 20 Prozent des französischen Bruttoinlandproduktes aus und werden von der Regierung in Paris mit offenen Armen empfangen.

Grüne Industrie in Frankreich: Macron brüstet sich mit sinkenden Arbeitslosenzahlen

Die Linke wendet ein, dass ausländische Anleger oft rücksichtslos Industriestätten aufgäben oder schlössen – wie etwa das norwegische Unternehmen RecSolar 2021 in Sarreguemines. Macron wendet ein, das seien Einzelfälle, denen viel mehr gelungene Ansiedlungen entgegenstünden. Anlässlich des „Choose-France“-Treffens brüstete er sich, er habe seit seinem Amtsantritt 2017 über 1,7 Millionen Arbeitsplätze geschaffen und die Arbeitslosigkeit auf unter sieben Prozent gedrückt.

Im Wettbewerb fühlt sich Macron vor allem mit den USA und ihrem Subventionsprogramm IRA (Inflation Reduction Act). Der französische Präsident will ähnliche Maßnahmen ergreifen, um noch mehr Industrien in sein Land zu holen.

Frankreichs Präsident Macron plant Steuergutschriften für grüne Technologie

Dazu plant Macron Steuergutschriften auf Batterien und Solarmodule. Er will Baugenehmigungen für Fabriken vereinfachen. Zu diesem Zweck empfahl Macron der EU-Kommission in der vergangenen Woche eine „Regulierungspause“ im Bereich der grünen Industrien. Er erntete einen Sturm der Entrüstung: Die Grünenabgeordnete Marie Toussaint erklärte, Macron versetze dem Green Deal der EU „den letzten Schlag“. Der Staatschef kritisierte im Gegenzug „all die, die immer mehr Umweltnormen anfügen wollen, ohne mehr Fabriken zu schaffen“.

Fabriken, und damit auch Arbeitsplätze, sind Macrons neues Mantra. Dafür nimmt er auch protektionistische Rezepte wie Steuergutschriften in Kauf. Die lägen immer noch weit hinter dem 400 Milliarden Dollar schweren Fördergesetz der USA zurück, argumentiert der Franzose.

Ist Macrons Steuerpolitik zur Förderung grüner Industrie in Frankreich Protektionismus?

Die konkrete Umsetzung der französischen Schutzmaßnahmen fällt gar nicht so leicht. Sichtbar wird dies beim Umweltbonus für den Kauf eines Elektroautos. Bisher gibt es in Frankreich für ein E-Vehikel, das weniger als 47 000 Euro kostet, einen Bonus von 7000 Euro. Damit werden die kleineren und billigeren Autos aus französischer Produktion geschützt. Seit Jahresbeginn fällt nun aber auch die Basisversion des amerikanischen, in China produzierten Tesla-Modells Y darunter.

Macron will deshalb die Schwelle von 47 000 Euro in seinem neuen Gesetz zur „grünen Industrie“ senken und die Produktion in Ländern wie China vom Bonus ausnehmen. Damit würde aber auch das in Frankreich viel verkaufte, weil günstige E-Modell Dacia Spring seinen Bonus verlieren, da es ebenfalls in China hergestellt wird. Protektionismus in globalen Zeiten ist eine knifflige Angelegenheit. (Stefan Brändle)

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