Löhne sollen die Existenz sichern
Die Organisation Fairtrade Deutschland hofft auf EU-Gesetze, damit Firmen künftig Zulieferer aus Entwicklungsländern korrekt bezahlen.
Fairtrade Deutschland fordert von Unternehmen mehr Engagement für existenzsichernde Löhne in Textilfabriken im globalen Süden. Nach der Katastrophe von Rana Plaza vor zehn Jahren hätten Unternehmen und Regierungen zwar reagiert und die Sicherheitsstandards in vielen Fabriken erhöht, sagte Claudia Brück, Vorständin bei Fairtrade Deutschland. „Was sich dagegen kaum verändert hat, ist die Lohnsituation.“ Um über die Runden zu kommen, müssten Beschäftigte oft 16 Stunden lang arbeiten – und das jeden Tag und sechs Mal pro Woche.
Im indischen Tiruppur, einem der wichtigsten Produktionsstandorte für Strickwaren, verdient eine Näherin laut Fairtrade Deutschland im Schnitt nur 44 Prozent eines sogenannten existenzsichernden Lohnes. In vielen Städten schluckten allein die Mietkosten rund 60 Prozent des monatlichen Einkommens.
„Was wir brauchen, sind branchenweit verpflichtende existenzsichernde Löhne, die nicht nur für Miete und Essen reichen, sondern auch Kosten für Bildung, Alters- und Gesundheitsvorsorge abdecken“, forderte Brück. Das sei „kein Luxus, sondern ein Menschenrecht“ und müsse per Gesetz geschützt werden.
Hoffnung setzt der Verein auf zwei anstehende Entscheidungen auf europäischer Ebene. Am 27. April stimmt der Umweltausschuss des EU-Parlaments darüber ab, ob die EU-Strategie für nachhaltige Textilien „sozialer“ werden soll.
Nachhaltigkeit müsse als Ganzes betrachtet werden, erklärte dazu Delara Burkhardt, Mitglied des EU-Parlaments und Berichterstatterin für den zur Abstimmung stehenden Bericht des Umweltausschusses. Dazu gehörten auch soziale Komponenten. „Wir brauchen ein Gesetz, das faire Löhne, ein Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, bessere Arbeitsbedingungen und einen besseren Schutz gegen sexuelle Belästigung im Textilsektor garantiert“, forderte die SPD-Politikerin.
Erwartet wird Ende April im EU-Parlament zudem die Entscheidung des federführenden Rechtsausschusses zum geplanten EU-Lieferkettengesetz. „Ein solches Gesetz könnte Unternehmen verbindliche Sorgfaltspflichten auferlegen – unter anderem für die Zahlung existenzsichernder Löhne“, hofft nun Fairtrade Deutschland.