LNG-Pläne viel zu groß - Studie warnt: „Deutschland ertrinkt in Flüssiggas“

Schon lange gibt es Zweifel an der Größenordnung der deutschen LNG-Pläne. Jetzt haben zwei Institute nachgerechnet. Die Ergebnisse sind ernüchternd.
München - Im Ringen um den Ersatz für russisches Gas setzt Deutschland stark auf Flüssiggas. Doch offenbar sind die viel zu ambitioniert. Das zeigen zwei aktuelle Studien. Danach baut die Bundesregierung eine völlig überdimensionierte LNG-Infrastruktur und plant dabei mehr Gas ein, als je verbraucht wurde. Das berichtet der Wirtschaftskurier. Danach lägen die geplanten Importkapazitäten von 77 Milliarden Kubikmeter pro Jahr über dem Spitzenwert beim bisherigen Verbrauch. Vor allem angesichts der deutschen Klimaziele sei das heikel: Denn der Beitrag von Gas zur Energieversorgung soll ja eher sinken als steigen.
Zu den 77 Milliarden kommen nochmals 40 bis 50 Milliarden Kubikmeter, die europäische Partnerländer liefern können. Falls alle Pläne unverändert in die Praxis umgesetzt werden, ertrinken Deutschland und Europa demnächst in Flüssiggas, heißt es weiter. Bis 2030 entstünden Kapazitäten für 400 Milliarden Kubikmeter pro Jahr, so das Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA). Der gesamte Bedarf der Europäischen Union betrug demnach 2019 ganze 413 Milliarden Kubikmeter, die ohne große Flüssiggas-Kapazitäten ankamen. Nur gut die Hälfte davon stammte aus Russland und wird nun nicht mehr geliefert. Inzwischen kommt aus Russland auch wieder LNG.
Studie: LNG-Bedarf sinkt drastisch
Die Prognosen der großen Energieagenturen gehen laut Bericht davon aus, dass mit mehr als sechzig bestehenden Anlagen 2030 weniger als die Hälfte der LNG-Terminals noch betrieben werden wird, denn der Bedarf soll EU-weit auf rund 190 Milliarden Kubikmeter zurückgehen. Auch in Deutschland wäre viel Gas dann überflüssig. Sollten die Bemühungen, Gasheizungen in Privathaushalten, wenn nicht zu verbieten, so doch mittelfristig auslaufen zu lassen, von Erfolg gekrönt sein, verringert sich die Nachfrage noch weiter.
Und auch die Industrie arbeite daran, ihre Energieversorgung zu diversifizieren – von Wärmepumpen bis Wasserstoff reiche die Palette. Deutschland gehöre dabei bislang nicht einmal zu jenen Nationen, die in ganz großem Stil LNG importieren. Das seien unter anderem Großbritannien, Frankreich und Spanien. Dort entstünden denn auch noch weit höhere Importkapazitäten als hierzulande.
Schon jetzt gibt es Kritik an den Plänen, auch aus der Partei des Wirtschaftsministers. Man zementiere die Gasabhängigkeit für die Zukunft, so die Kritik der Grünen, die auch von den Umweltverbänden vorgebracht wird. Das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) hat im Auftrag der Bundesregierung zum Beispiel in einer Studie ermittelt, dass unter bestimmten Annahmen ab 2030 nur 16 bis 38 Prozent Auslastung der Terminals zu erwarten seien. Die Bundesnetzagentur dagegen hält die LNG-Pläne in Deutschland nicht für überdimensioniert.