„Klassenpolitischer Fokus“: Linke gründet Gewerkschaftsrat

Die Linke will mit einem neuen Gremium die Kooperation mit den Beschäftigten auf feste Beine stellen. Parteichefin Wissler sieht darin „für die nötigen Kämpfe einen wichtigen Erfolgsfaktor“.
Frankfurt am Main - Die Linkspartei stellt ihre Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften auf eine dauerhafte Grundlage. Am Freitag konstituierte sich der Gewerkschaftsrat der Bundespartei. Er soll den Parteivorstand beraten und in der nächsten Woche offiziell vorgestellt werden. „Wenn wir sozialen Fortschritt wollen, ist die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften zentral und für die nötigen Kämpfe ein wichtiger Erfolgsfaktor“, sagte die Parteivorsitzende Janine Wissler der Frankfurter Rundschau.
Schon bisher hatte es bei vielen Themen Gespräche zwischen der Linken und den Gewerkschaften gegeben. Dafür bestand aber keine regelmäßige Plattform – anders als bei der SPD, die seit langem in ihrem Gewerkschaftsrat gemeinsame Themen sucht, aber auch Konflikte austrägt.
Die Linke will Verankerung von Gewerkschaften und Partei verstärken
Im März 2021, kurz nach dem Amtsantritt der neuen Vorsitzenden Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow, beschloss der Bundesvorstand der Linken, einen Gewerkschaftsrat zu gründen. Wie bei der SPD besteht er aus gewerkschaftlich engagierten Personen, die der jeweiligen Partei angehören oder wenigstens nahestehen.
Das neu geschaffene Gremium solle dazu dienen, „den klassenpolitischen Fokus der Partei zu verstetigen und die bereits vorhandene Verankerung von Gewerkschaften und Partei tatsächlich zu verstärken“, kündigte Wissler an. Ihre Ko-Parteichefin Hennig-Wellsow sagte: „Mit der Gründung des Gewerkschaftsrates werfen wir einen Stein ins Wasser. Wir freuen uns mit allen Beteiligten gemeinsam zu schauen, wohin die Wellenbewegungen gehen.“
Gewerkschaftsrat der Linken mit Personen aus Pflege und Handel
Schon jetzt stehe fest, „dass wir mit dem Rat deutlich zeigen, wessen Interessen wir als Partei in Zeiten der Umbrüche im Blick haben“, fügte Hennig-Wellsow hinzu. Das Gremium biete die Chance „für eine verbindliche und vertrauensvolle Organisierung, die wir nutzen wollen“.
Der Gewerkschaftsrat der Linken soll in der Regel zwei Mal im Jahr tagen. Ein Vorsitz für das Gremium ist nicht vorgesehen, es laden jeweils die beiden Parteivorsitzenden ein.
Der Linken-Vorstand hat 25 Personen in den Gewerkschaftsrat berufen, welche Linken-Mitglieder sind oder schon länger mit der Partei zusammenarbeiten. Dazu gehören etwa Hans-Jürgen Urban aus dem Vorstand der IG Metall und der Soziologie-Professor Klaus Dörre von der Universität Jena. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung entsendet den Präsidenten der Europäischen Linken, Heinz Bierbaum, in das Gremium. Aus der Bundestagsfraktion ist die stellvertretende Fraktionschefin Susanne Ferschl dabei, die für mehr als ein Jahrzehnt Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Nestlé in Deutschland war und auch dem europäischen Betriebsrat angehörte.
Die Linke: Gewerkschaftsrat soll soziale und ökologische Transformation mitgestalten
Besonderen Wert legt die Partei aber darauf, dass ehrenamtliche Gewerkschafter:innen im Gewerkschaftsrat vertreten sind. Berufen wurden etwa Personen aus dem Einzelhandel, der Pflege, der Verkehrsbranche oder der Automobilindustrie.
Thematisch will der Gewerkschaftsrat die Frage aufgreifen, wie die Transformation der Wirtschaft sozial und ökologisch gestaltet werden kann. Schließlich bedeute der Umbruch „für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch Ängste vor Entqualifizierung und Jobverlust“, stellte der Gewerkschaftsrat fest. (Pitt von Bebenburg)