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Das Leben wird wieder teurer

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Von: Stephan Kaufmann

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Verbraucher in Deutschland müssen wieder tiefer in die Tasche greifen. Die Inflation ist im Januar auf 1,9 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Stand seit Juli 2013.
Verbraucher in Deutschland müssen wieder tiefer in die Tasche greifen. Die Inflation ist im Januar auf 1,9 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Stand seit Juli 2013. © dpa

Die Inflationsrate steigt auf 1,9 Prozent und klettert damit so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Besonders der anziehende Ölpreis sorgt dafür, dass sich die Lebenshaltungskosten erhöhen. Sparer verlieren bares Geld.

Die Preise in Deutschland steigen immer schneller. Im Januar kletterte die Inflationsrate laut Statistischem Bundesamt auf 1,9 Prozent. Während das Leben teurer wird, bleiben die Zinsen am Boden. Folge: Sparer verlieren real Geld. Das schürt Unmut. Eine höhere Inflation könnte „politische Probleme“ in Deutschland erzeugen, warnte Finanzminister Wolfgang Schäuble.

Wie entwickeln sich die Verbraucherpreise? 2015 erreichte die Inflationsrate mit 0,3 Prozent ihren Tiefpunkt. Seit einigen Monaten steigt sie deutlich. Im vergangenen November betrug sie schon 0,8 und im Dezember sogar 1,7 Prozent. Gründe sind zum einen steigende Lebensmittelpreise, vor allem aber die Verteuerung des Öls. Vor einem Jahr kostete das Fass Brent-Öl noch 33 Dollar, derzeit sind es 55 Dollar. Das treibt die Preise für Energieprodukte in Deutschland in die Höhe. Im Januar dürften sie acht Prozent teurer gewesen sein als ein Jahr zuvor. Damit erhöht sich das gesamte Preisniveau. Denn in dem Warenkorb, der die Grundlage für die Inflationsberechnung ist, hat Energie einen Anteil von etwa zehn Prozent.

Zieht die Inflation weiter an? „Die privaten Haushalte müssen sich keine Sorgen machen, dass es weiter deutlich nach oben geht“, erklärt Thomas Gitzel von der VP Bank. Denn ab März lässt der Ölpreis-Effekt nach, die Teuerung sinkt. Im Gesamtjahr 2017 wird die Inflationsrate voraussichtlich bei etwa 1,5 Prozent liegen. Das wäre nicht Besorgnis erregend. Zur Erinnerung: Die Inflationsrate zu D-Mark-Zeiten lag im Durchschnitt bei 2,7 Prozent.

Was bedeutet das für die Verbraucher? Vor allem, dass sie für Energieprodukte wie Heizöl und Kraftstoffe mehr bezahlen müssen. Die Teuerung bleibt aber zumeist auf diese Warengruppe beschränkt. Die Kerninflation – also die Inflationsrate ohne die Preise für Energie und Nahrungsmittel – bewegt sich kaum.

Trifft die Preissteigerung ärmere Verbraucher stärker als wohlhabende? Ärmere Haushalte geben größere Teile ihres Budgets für Wohnen – inklusive Heizung – und Lebensmittel aus als reichere Haushalte. Die jüngsten Preissteigerungen treffen sie daher relativ stärker. Allerdings ist der Budgetanteil, der auf Verkehrsausgaben entfällt, geringer als bei Beziehern hoher Einkommen. Während die Niedrigeinkommen also von Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Wohnen stärker belastet werden, werden sie bei Verkehr relativ geringer belastet. „Ich würde daher vermuten, dass die Inflation auf die verschiedenen Einkommensgruppen insgesamt ähnlich wirkt“, so Christian Dreger vom Institut DIW.

Was bedeutet die höhere Inflation für die Sparer? Sie verlieren auf ihr Erspartes Geld. Denn die Inflationsrate ist höher als der Zins. Tagesgeld bringt im Durchschnitt derzeit etwa 0,2 Prozent, zehnjähriges Festgeld etwa ein Prozent, die Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe beträgt knapp 0,5 Prozent.

Warum sind die Zinsen so niedrig? Vor allem, weil die Europäische Zentralbank die Leitzinsen so niedrig hält und gleichzeitig über Anleihekäufe die Renditen für Bundesanleihen kräftig drückt. Die niedrigen Zinsen sollen die Konjunktur in der Euro-Zone ankurbeln, was schrittweise auch gelingt: Das Wirtschaftswachstum zieht an, die Arbeitslosenquote sinkt.

Werden die Zinsen bald steigen? Eher nicht, denn die EZB hält die Inflation noch immer für zu niedrig. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens zielt die EZB auf eine Inflationsrate von mittelfristig knapp unter zwei Prozent – aber nicht in Deutschland, sondern im Durchschnitt der gesamten Euro-Zone. Derzeit liegt die Euro-Inflation aber niedriger als in Deutschland – bei etwa 1,4 Prozent – da in vielen Ländern die Konjunktur noch schwach ist und weiter niedrige Zinsen braucht. Zweitens orientiert sich die EZB ohnehin nicht an der Gesamtinflationsrate, sondern an der Kerninflationsrate, die kaum gestiegen ist. In der Kerninflationsrate sind Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet, da sie sehr schwankungsanfällig sind und von der EZB auch gar nicht beeinflusst werden können.

Werden die deutschen Sparer durch die niedrigen Zinsen enteignet? Einerseits verlieren sie Geld, da der Zins unter der Inflationsrate liegt. Andererseits jedoch stützen die niedrigen Zinsen die Konjunktur in der Euro-Zone, wovon die deutsche Wirtschaft und der deutsche Export profitieren. Folge: Die Arbeitslosigkeit ist gering, die Löhne steigen. „Sparer mögen also unter den niedrigen Zinsen leiden“, so der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, „die deutschen Arbeitnehmer aber profitieren. Und das ist viel wichtiger als der Verlust der Sparer.“

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