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Kroations E-Pionier Mate Rimac

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Von: Thomas Roser

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Auf der großen Bühne wirkt Mate Rimac oft etwas verloren, wie am Donnerstag, als er in Zagreb auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron treffen sollte.
Auf der großen Bühne wirkt Mate Rimac oft etwas verloren, wie am Donnerstag, als er in Zagreb auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron treffen sollte. © imago images/Pixsell

Autos aus dem Land an der Adria? Das war lange Zeit undenkbar – bis Mate Rimac es einfach gemacht hat. Heute arbeitet der Elektromotortüftler mit Porsche zusammen.

Manchmal scheint Kroatiens mittlerweile 33-jähriges Wunderkind den eigenen Erfolg nicht ganz fassen zu können. Als er 2009 in der heimischen Garage Rimac Automobili gegründet habe, sei er „ein totaler Outsider“ ohne Kontakte in der Industrie gewesen, blickt Elektromotorpionier Mate Rimac zurück: „An der Universität sagten mir die Professoren noch vor zehn Jahren, dass es unmöglich sei, in Kroatien ein Automobil zu produzieren. Und sie hatten recht – es war unmöglich.“

Doch mit seinem kreativen Tüfteldrang, Improvisationsvermögen und unbändiger Willenskraft hat der 1988 im bosnischen Livno geborene und in Frankfurt aufgewachsene Jungunternehmer ausgerechnet im Auto-Niemandsland Kroatien alle Gesetzmäßigkeiten der Branche außer Kraft gesetzt. „Alles ist unmöglich, solange es nicht jemand tut“, sagt der von der serbisch-kroatischen Physiker-Legende Nikola Tesla inspirierte Erfinder: „Ich wollte zeigen, dass Elektroautos schneller sein können als konventionelle.“

Vollelektrische Sportwagen aus Kroatien

Schon im Alter von 18 Jahren baute Rimac in seinen betagten BMW E30 einen Elektromotor ein. Mittlerweile fertigt Kroatiens Daniel Düsentrieb im Zagreber Vorort Sveta Nedelja nicht nur die schnellsten Elektro-Supersportwagen der Welt. Die rasch wachsende Rimac Group hat sich zum innovationsfreudigen Entwicklungslabor im Dienste internationaler Automobilkonzerne für leistungsstarke Elektromotoren, Antriebssysteme und Batterien gemausert. Rund 1100 Menschen beschäftigt das Unternehmen, an dem Porsche mittlerweile mit 22 Prozent beteiligt ist.

Spätestens seit der Übernahme von Bugatti im Juli gilt Porsche-Partner Rimac in der Branche als etablierte Kraft. Nach dem für 2023 geplanten Umzug in den futuristischen, derzeit für 200 Millionen Euro vor den Toren Zagrebs aus dem Boden gestampften Rimac Campus soll sich die Belegschaft auf 2500 Beschäftigte vergrößern.

Porsche und Rimac arbeiten zusammen

Bisher hat Rimac nur knapp zwei Dutzend Prototypen seiner Elektro-Supersportwagen Concept One und den für eine limitierte Serienproduktion von 150 Exemplaren geplanten Nevera produziert. Dennoch wird der Wert der Rimac Group schon jetzt auf zwei Milliarden Dollar taxiert. „Jeden Cent“ davon habe er selbst geschaffen, versichert Rimac.

Nach dem gemeinsamen Einstieg von Porsche und Rimac bei Bugatti rief Porsche-Finanzchef Lutz Meschke dem als „außergewöhnlichen Unternehmer“ gepriesenen Partner zu: „Mate, ändere dich nie.“ Tatsächlich scheint Rimac sein Erfolg bisher kaum zu Kopf zu steigen. In einer Branche, in der überbezahlte Konzernchefs oft wie unantastbare Halbgötter auftreten, fallen die entspannten und unkonventionellen Umgangsformen von Rimac ebenso angenehm auf wie seine transparente Informationspolitik.

Entspannter Gründer

Er sei „nicht materialistisch“, so das eher unübliche Bekenntnis. Nicht nur mit vegetarischen Speisekarten in der Betriebskantine und hundefreundlichen Großraumbüros, in denen den Beschäftigten die Mitnahme des eigenen Vierbeiners ausdrücklich erlaubt ist, verblüfft Rimac seine Geschäftspartner und Landsleute. Krawattenlos, in Tennisschuhen und ohne Socken – so kündigte der Bartträger gemeinsam mit den Porsche-Chefs im Sommer seinen Einstieg bei Bugatti an.

Ein verschrobener Technik-Nerd ist der kommunikationsfreudige Vegetarier aber keineswegs: Ironisch lässt sich Rimac auf den sozialen Medien über die vegetarischen Würste in der VW-Kantine aus. Dennoch hat sich der ökologisch angehauchte Autonarr seine fast kindisch anmutende Freude an schnellen Flitzern bewahrt. Bevor er ein Exemplar des fast zwei Millionen Euro teuren Nevera im Crashtest zerschellen lassen musste, jagte der Firmenchef den Nobelschlitten auf einer filmisch festgehaltenen Abschiedsfahrt noch einmal persönlich über Stock, Stein und durch den Matsch.

Rimac übernimmt Bugatti

Die positiven Effekte des Erfolgs von Rimac halten heimische Fachleute für enorm. So hat das Engagement in Kroatien Porsche zu einem Joint Venture mit der Zagreber IT-Firma Infinum und zur mehrheitlichen Übernahme des von Rimac gegründeten E-Bike-Produzenten Greyp veranlasst. Dank Rimac werde Kroatien nicht mehr nur als Land der schönen Küsten und des guten Essens, sondern auch als das eines „positiven Investitionsklimas und der Innovation“ wahrgenommen, sagt der Marketingexperte Petar Tanta.

Mit Hilfe des Einstiegs ausländischer Konzerne hat Rimac den Ausbau seines Unternehmens finanziert, an dem er nur noch zu 35 Prozent beteiligt ist. Doch ob die Entwicklung neuer Elektro-Bugatti oder das mit Kia verfolgte Projekt eines neuen Systems von selbstfahrenden Robo-Taxis für Zagreb: Dem kreativen Schaffensdrang von Rimac scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein.

Mit dem Aufstieg seines Unternehmens sieht sich Rimac aber erstmals auch mit kritischen Tönen und Fragen konfrontiert. So warf die Parlamentarierin Katerina Peovic von der linken „Arbeiterfront“ Rimac vor, EU-Fördergelder „nicht transparent“ verwendet und die Fristen für staatlich geförderte Projekte nicht eingehalten zu haben. Das Webportal „index.hr“ wiederum stellte sich die Frage, was aus früheren nie verwirklichten Rimac-Projekten geworden sei, wie der Entwicklung elektrisch betriebener Jachten.

Antworten gab Rimac sofort. In ihrer „Überlebensphase“ habe sich seine Firma, die noch 2014 nur 55 Beschäftigte zählte, mit Auftragsarbeiten für andere Firmen über Wasser gehalten: Die Entscheidung über die Realisierung entwickelter Prototypen habe aber bei den Auftraggebern gelegen. Wegen der Pandemie sei es bei der EU-weiten Zulassung der Nevera-Sportwagen für die beabsichtige Serienproduktion zu Verspätungen gekommen: „Wenn wir damit den Staat irgendwie geschädigt haben sollten, werden wir jede Kuna zurückzahlen.“

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