Zusatzausgaben: „sinnvolle unternehmerische Investition“
Die befragten Unternehmen sprechen von finanziellen Belastungen durch die Lieferkettenregulierung, die aber nicht genau zu beziffern seien, weil die Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten überwiegend als Querschnittaufgabe organisiert sei.
Den Einsatz zusätzlicher Ressourcen betrachteten die befragten Unternehmen als „sinnvolle unternehmerische Investition“. Einige Unternehmen sehen hier ein „Vertretungsproblem“ durch ihre Verbände. „Ihre politische Interessenvertretung habe die grundsätzlich positive Haltung vieler KMU erst ignoriert, dann zu lange auf Verhinderung gesetzt und sich schließlich zu wenig pragmatisch in die konkrete Ausgestaltung eingebracht“, heißt es. Zweifel daran, dass KMU die Anforderungen des Gesetzes operativ und konzeptionell nicht umzusetzen können, halten sie für unangebracht. Dieses politische Narrativ wiesen selbst „ursprünglich gesetzesskeptische Unternehmen als wirtschafts- bzw. mittelstandsfremd zurück“, heißt es in der Studie.
Bei der Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nutzten die Unternehmen gewöhnlich Instrumente und Verfahren, mit denen sie bereits im Umweltbereich Erfahrungen haben.
Unzufrieden sind die KMU mit der Umsetzung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Bis weit in den Spätsommer 2022 habe es in wichtigen Punkten keine Auslegungshilfen durch die Behörde gegeben. Zudem wünschen sich die Unternehmen spezifischere Hilfen des Helpdesks der Behörde, was Verfahren, Instrumente, Berichte sowie Einschätzungen zu Reichweite und Tiefe es Gesetzes anbelangt. Unzufrieden sind die Unternehmen auch mit den entsprechenden Beratungsangeboten der Kammern.
Die Unternehmen sehen die Gefahr, dass bei der Umsetzung des Gesetzes „mittelfristig eine Compliance-Perspektive dominieren könnte“. Unternehmen könnten sich darauf fokussieren, sich rechtlich unangreifbar zu machen, während die echte Verbesserung der Verhältnisse entlang der Lieferketten unterbleibe. Damit wäre in der Sache – also der Verbesserung der Situation für Mensch und Umwelt in den Lieferketten – wenig gewonnen.
„Erhebliche Durchsetzungsprobleme“ erwarten die KMU in China, wo sie sich „angesichts der LkSG-Vorgaben und ihrer Einflussmöglichkeiten vor Ort mit paradoxen Anforderungen konfrontiert“ sehen, die eine ganze Reihe Geschäftsmodelle mit großem China-Bezug in der Lieferkette grundsätzlich infrage stellen könnten. Man werde die Einhaltung von Menschenrechten „in einem autoritären, nicht demokratischen Land schlichtweg nicht gewährleisten können“, sagen Unternehmensvertreter. Auf Nachfrage gebe etwa ein Viertel der Befragten an, mittelfristig einen kompletten Rückzug aus bestimmten chinesischen Regionen zu prüfen. (Caspar Dohmen)