Keine Last-Minute-Geschenke

Lieferengpässe beeinträchtigen das diesjährige Weihnachtsgeschäft. Fast alle Branchen haben Probleme – besonders schwer aber trifft es den Spielzeug- und Fahrradhandel.
Kurz vor Weihnachten haben sich die Lieferprobleme im Einzelhandel verschärft. Das Münchner Ifo-Institut berichtete jetzt, dass rund 78 Prozent der Einzelhändler im November klagten, weil nicht alle bestellten Waren geliefert werden können. Im Oktober waren es noch 60 Prozent, im September 74 Prozent. Wir zeigen, welche Warengruppen besonders betroffen sind und wie Kundinnen und Kunden doch noch zu ihren Geschenken kommen.
Bedrohtes Weihnachtsgeschäft: Lieferschwierigkeiten treffen die meisten Branchen, die für einen vollen Gabentisch sorgen. Vor allem die Engpässe beim Spielwarenhandel könnten für Enttäuschungen am Heiligabend sorgen. Das Ifo-Institut gibt hier an, dass der gesamte Handel auf Lieferungen wartet. Bei Fahrrädern leiden rund 96 Prozent der Händler unter dem Phänomen, Computer- und Software-Händler sind zu 91 Prozent betroffen. Ähnlich sieht es bei Möbeln, elektrischen Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik aus. Bekleidungshändler sind in einer besseren Lage. Hier sorgen sich lediglich 63 Prozent wegen Engpässen, bei Nahrungs- und Genussmitteln sind es rund 49 Prozent, also weniger als die Hälfte.
Günter Päts, stellvertretender Hauptgeschäftsführer vom Handelsverband Berlin-Brandenburg wiegelt trotz dieser Berichte ab. „Es gibt genügend Geschenke für alle“, sagt er, der Handel habe ausreichend Ware. Er räumt allerdings ein, dass unter Umständen spezielle Wünsche, wie eine bestimmte Smartwatch, nicht erfüllt werden können. Für diese Fälle empfiehlt Päts, auf einen Gutschein auszuweichen, der im Januar oder Februar eingelöst wird. Der Handel sei auf Gutscheine eingestellt. „Gilt der Wunschzettel nicht als Priorität, kann man flexibel sein“, sagt er. Alternative Ware sei ausreichend vorhanden. Für Panik- oder Hamsterkäufe gebe es auf jeden Fall keinen Anlass.
Ähnlich äußert sich Ulrich Brobeil, Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie. Die Lieferengpässe träfen die Branche nicht unvorbereitet, sagt er. Die Hersteller hätten nach dem Boom-Jahr 2020 die Produktions- und Transportkapazität rechtzeitig an die gestiegene Nachfrage angepasst. „Trotzdem könnte es im einen oder anderen Fall eng werden“, räumt Brobeil ein. Das betreffe besonders begehrte Trendspielwaren und TV-beworbene Produkte. Ist das gewünschte Spiel oder Spielzeug nicht im Angebot, das ein Kunde kaufen möchte, rät auch Brobeil: „Ausweichen“.
Alternative zur Neuware: Generalüberholte Produkte, sogenannte Refurbished-Ware, können besonders im Elektronikbereich Ersatz für ein neues Handy oder Tablet bieten. Die Materialknappheit beim neuen iPhone 13 führte zum Beispiel zu einem gestiegenen Interesse am generalüberholten iPhone 12. Dieses kostet bei ebay zum Beispiel in der Version mit 6,1 Zoll, 128 GB, schwarz refurbished: 769 Euro, Originalpreis neu beim Fachhändler: 949 Euro. Das Gerät ist neu zurzeit aber auch nicht lieferbar.
„Die Kundinnen und Kunden sparen Geld und erhalten auf die Geräte wieder eine Garantie“, sagt Niklas Meyer-Breitkreutz vom Digitalverband Bitkom. Die Nachfrage nach generalüberholten Elektrogeräten in den vergangenen Jahren sei auch wegen des Umweltbewusstseins der Deutschen gestiegen. In den Schubladen der Bundesbürger schlummern übrigens rund 206 Millionen Handys und Smartphones, die wiederaufbereitet und weitergenutzt werden könnten, ergab eine Befragung im Auftrag von Bitkom.
Lieferbedingungen bei Online-Bestellungen: Die Verbraucherzentralen berichten von Beschwerden infolge der Lieferengpässe. „Nicht immer gehen Online-Shops mit Lieferverzögerungen offen um“, sagt Dunja Neukamp, Juristin bei der Verbraucherzentrale Brandenburg. Diese wirkten sich schließlich auf die Kauflust der Kundinnen und Kunden aus. Stattdessen würden konkrete Lieferzeiten angegeben und die Kund:innen später vertröstet. Auch komme es vor, dass eigentlich verbindliche Lieferzeitangaben in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen relativiert würden. Manche Online-Händler behielten sich pauschal das Recht vor, den Vertrag bei nicht lieferbaren Waren rückgängig zu machen. Die Verbraucherzentrale fordert mehr Transparenz vom Handel, damit die Käufer:innen eine sinnvolle Kaufentscheidung treffen können. Die Verbraucherzentrale Brandenburg hat bereits verschiedene Möbelhändler erfolgreich abgemahnt, die verbraucherunfreundliche Regelungen im Hinblick auf Lieferzeitangaben oder zum Rücktritt vorhielten.
Liefertermine prüfen: „Das Jahr 2021 ist definitiv keine gute Zeit für Last-Minute-Käufer“, sagt Neukamp. Verbraucher:innen sollten bei Online-Bestellungen unbedingt nachprüfen, welche Lieferzeit der Händler angibt. Onlineshops müssen einen bestimmten Liefertermin angeben. „Die Kunden müssen wissen, wie lange sie höchstens auf die Bestellung zu warten haben. Auch sollte nicht zu kurzfristig vor dem anstehenden Weihnachtsfest bestellt werden. Bei circa-Fristen sollten sie einen kleinen Puffer einbauen“, so Neukamp.
Abhilfe bei Unpünktlichkeit: Kommt die Ware nicht pünktlich, können Betroffene dem Händler eine Frist setzen, innerhalb derer die Ware da sein soll. Hält der Händler diese nicht ein, können Verbraucher:innen vom Vertrag zurücktreten. Hier ist das Recht zwar auf der Seite der Betroffenen, dennoch liegt möglicherweise kein Geschenk unter dem Weihnachtsbaum. „Damit die Lieben dann nicht leer ausgehen, kann ein kreativ gestalteter Gutschein Freude bereiten“, gibt Neukamp als Tipp mit.
Umtausch und Rückgabe: Bei Online-Käufen haben Kunden:innen mindestens 14 Tage lang das Recht, vom Kauf zurückzutreten. In Zeiten von Lieferknappheit eine knifflige Angelegenheit. Bei der Frist zählen auch Wochenenden und Feiertage. Wer am 12. Dezember eine Ware erhält, hätte bis zum 26. Dezember ein Rückgaberecht. Laut Verbraucherzentrale darf die Frist aber nicht an einem Feiertag enden. Am 27. Dezember könnte die Ware auch noch zurückgeschickt werden. Dafür am besten das Widerrufsformular auf der Webseite des Händlers nutzen, dann kann am wenigsten schiefgehen.
Beim Kauf im Ladengeschäft gibt es keine Widerrufsfrist. Gerade bei Weihnachtsgeschenken sind die meisten Händler aber kulant. Sicherheitshalber sollte man beim Bezahlen aber nachfragen, ob eine Ware zurückgeben werden kann, wenn sie dem oder der Beschenkten nicht gefällt. Sonderposten oder reduzierte Waren sind von einer Rückgabe häufig ausgeschlossen.