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Kasachstan: Kryptowährungen wie Bitcoin tragen Mitschuld an den Unruhen

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Von: Joachim Wille

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In Kasachstan fällt immer wieder der Strom aus. Kryptowährungen wie Bitcoin befeuern die Energiekrise und so die Unruhen.

Nur-Sultan - Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum boomen. Die Anlegerinnen und Anleger hoffen auf hohe Gewinne. Dass das Digitalgeld wegen des hohen Energieverbrauchs beim „Schürfen“ der Coins große Umwelt- und Klimaschäden verursacht, spielt kaum eine Rolle. Die Unruhen in Kasachstan und Stromausfälle in Kosovo allerdings werfen ein Schlaglicht darauf.

Die schwere Krise in der Ex-Sowjetrepublik Kasachstan, die bereits Tote und Verletzte gefordert hat, ist vor allem durch gestiegene Treibstoffpreise ausgelöst worden. Doch auch die Stromversorgung des Landes ist kritisch. Seit dem Wintereinbruch gab es mehrfach Ausfälle von Kraftwerken wegen Überlast im Netz, offenbar auch ausgelöst durch die Krypto-Miner. Laut der Energiebehörde in Almaty waren sie zeitweise für acht Prozent des Stromverbrauchs verantwortlich.

Bitcoin in Kasachstan: Strompreise lockten Krypto-Miner

Es ist kaum bekannt: Kasachstan ist nach den USA der zweitwichtigste Standort weltweit für Krypto-Miner. Laut der Universität Cambridge, die einen Index zum Bitcoin-Energieverbrauch erstellt, wurde Mitte 2021 fast ein Fünftel der weltweiten Bitcoin-Rechenpower in dem Land gestellt. Lange Zeit war China die Nummer eins beim Schürfen gewesen. Die Regierung in Peking verschärfte die Regulierung des Mining im vorigen Sommer allerdings drastisch, weswegen die Schürfer abwanderten – unter anderem nach Iran und eben Kasachstan, wo extrem niedrige Strompreise lockten.

Das Schürfen von Kryptowährungen ist energieintensiv. Nach der strengen Regulierung in China zog es viele Miner von Bitcoin und Co. nach Kasachstan.
Das Schürfen von Kryptowährungen ist energieintensiv. Nach der strengen Regulierung in China zog es viele Miner von Bitcoin und Co. nach Kasachstan. © AFP

Neue Krypto-Coins werden durch aufwendige Rechenoperationen geschaffen, für die große Computerkapazitäten in den sogenannten Mining-Pools nötig sind. Laut den Cambridge-Forschenden betrug der Stromverbrauch allein für das Bitcoin-Schürfen im Dezember 2021 weltweit rund 10,3 Terawattstunden, hochgerechnet aufs Jahr also fast 125 Terawattstunden. Das ist mehr als der gesamte Stromverbrauch der Niederlande oder Argentiniens. Fachleute schätzen, dass alle Kryptowährungen gemeinsam sich der Marke von 200 Terrawattstunden pro Jahr nähern. Das entspricht mehr als einem Drittel des Stromabsatzes in Deutschland.

Kryptowährungen: Kasachstan kappte Internet

Kasachstans Regierung kappte aufgrund der Unruhen in der vorigen Woche zeitweise das Internet, was die Arbeit der Miner verunmöglichte, die auf eine Verbindung ins Netz angewiesen sind. Die „Hashrate“, eine Maßeinheit für die verwendete Rechenleistung, sei in großen Schürfergruppen daraufhin zeitweise um 14 Prozent gefallen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew kündigte allerdings an, die Internetverbindung solle zumindest in den Regionen des Landes, wo die Lage stabil sei, wiederhergestellt werden.

In Kosovo hatte die Regierung Anfang Januar ein Verbot für das Krypto-Schürfen verhängt, um den Stromverbrauch in dem von einer Energiekrise heimgesuchten Land zu senken. Am vergangenen Wochenende beschlagnahmte die Polizei dann 272 Krypto-Computer, die in einem Dorf im Norden des Landes betrieben worden waren. Die Geräte verbrauchten so viel Strom wie 500 Haushalte, erklärte Finanzminister Hekuran Murati. „Wir können die illegale Bereicherung einiger Menschen auf Kosten der Steuerzahler nicht zulassen“, fügte er hinzu. Kosovo importiert über 40 Prozent seiner Energie, die Preise hierfür sind stark gestiegen. Ende vorigen Jahres hatte die Regierung in Pristina regionale Stromabschaltungen eingeführt, unter anderem wegen ausgefallenen Kohlekraftwerken.

Ein in Mitleidenschaft gezogenes Regierungsgebäude in Almaty nach den Unruhen der vergangenen Tage in Kasachstan.
Ein in Mitleidenschaft gezogenes Regierungsgebäude in Almaty nach den Unruhen der vergangenen Tage in Kasachstan. © Alexander Bogdanov/afp

Bitcoin: Niedrigster Stand seit über einem Vierteljahr

Für Aufregung bei den Bitcoin-Anlegerinnen und Anlegern sorgte derweil, dass der Kurs der Kryptowährung abstürzte. Vorige Woche fiel er auf rund 36.500 Euro und damit auf den niedrigsten Stand seit über einem Vierteljahr.

Im November waren es beim Allzeithoch rund 58.300 Euro gewesen, seither verlor er rund 40 Prozent. Den Grund sehen Fachleute allerdings nicht in der Kasachstan-Krise, sondern vor allem in der Geldpolitik der US-Notenbank, die steigende Zinsen erwarten lässt. Dies drückt im Allgemeinen die Kurse des Kryptogelds. (Joachim Wille)

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