Inflation frisst Löhne auf – In diesen Branchen ist es besonders schlimm

Die Reallöhne der Arbeitnehmer:innen in Deutschland sind im vergangenen Jahr noch stärker gesunken als zunächst berechnet. Welche Beschäftigten am stärksten betroffen sind.
Wiesbaden – Die Deutschen können sich im Durchschnitt noch weniger leisten als gedacht: Denn die Reallöhne der Arbeitnehmer:innen sind im vergangenen Jahr doch stärker gesunken als zunächst berechnet. Sie verringerten sich nach überarbeiteten Daten des Statistischen Bundesamtes um 4,0 Prozent. Es war der stärkste Rückgang seit Beginn der Zeitreihe 2008, wie die Wiesbadener Behörde am Donnerstag mitteilte. Zunächst waren die Statistiker:innen von einem Minus von 3,1 Prozent ausgegangen.
Inflation frisst Löhne auf: Reallohnverluste höher als gedacht
Die Reallöhne sanken 2022 das dritte Jahr in Folge. Grund war der deutliche Anstieg der Verbraucherpreise von 6,9 Prozent. Der Zuwachs bei den Nominallöhnen, die nach den überarbeiteten Daten um 2,6 Prozent wuchsen, konnte damit nicht mithalten. Die Menschen hatten weniger Kaufkraft. Bereits im Jahr zuvor hatte die Inflation den Lohnanstieg zunichte gemacht. 2020 war es vor allem die in der Corona-Krise sprunghaft angestiegene Kurzarbeit, die auf die Nominallöhne drückte.
Die Wiesbadener Behörde revidierte Zahlen vom 1. März wegen einer Neukonzeption der Verdiensterhebung. Der Anstieg der Nominallöhne fiel um 0,9 Prozentpunkte schwächer aus als zunächst berechnet. Entsprechend stärker sanken die Reallöhne.
Reallohnverlust: Diese Branchen sind besonders betroffen
Dabei treffen die Reallohnverluste manche Branchen härter als andere. Das zeigt eine Auswertung der Bild-Zeitung, die sich auf das WSI Tarifarchiv stützt. Demnach verzeichneten Beschäftigte der Textilindustrie mit Abstand die höchsten Reallohnverluste mit -5,7 Prozent. Darauf folgen dann auf Platz zwei und drei die Metall- und Elektroindustrie sowie die Druckindustrie mit -5,3 und -5,0 Prozent.
Branche | Reallohnverlust nach Inflation 2022 (6,9 Prozent) |
Textilindustrie | -5,7 Prozent |
Metall- und Elektroindustrie | -5,3 Prozent |
Druckindustrie | -5,0 Prozent |
Holz und Kunststoff verarbeitende Industrie | -5,0 Prozent |
Metallhandwerk | -4,9 Prozent |
Aber auch die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, die gerade harte Lohnverhandlungen hinter sich haben, mussten hohe Reallohnverluste hinnehmen. So verzeichneten laut Bild Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes einen Verlust von 5,6 Prozent (Bund und Gemeinden) bzw. 5,0 Prozent (Länder). Nur das Gastgewerbe konnte der Zeitung zufolge trotz Inflation ein Reallohnplus von 2,2 Prozent vorweisen.
Sozialverbände fordern Erhöhung des Mindestlohns
Sozialverbände mahnen in diesem Zusammenhang, dass vor allem Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen besonders stark von der Inflation betroffen seien. „Deshalb bleiben wir bei unserer Forderung: Der Mindestlohn muss auf mindestens 14,13 Euro steigen, um die enormen Kaufkraftverluste auszugleichen“, sagte die Vorsitzende des Verbandes, Michaela Engelmeier. (Mit Material der dpa)