Hürden beseitigen

Das Gesundheitswesen muss am Patienten ausgerichtet werden.
Wem nur so etwas Banales wie der Bruch eines Arms widerfährt, der lernt nicht nur fast alle Facetten und Subspezialitäten des deutschen Gesundheitswesens kennen, sondern dem wird schnell deutlich, mit welchen Problemen Menschen mit und ohne Handicaps zu kämpfen haben, wenn sie den Eingang P für Patienten ins System nehmen. Dies gilt nicht nur für das unzureichende Management bei der Entlassung aus dem Krankenhaus. Von wem soll man denn jetzt ambulant weiter behandelt werden? Von der Hausärztin, die die OP-Wunde versorgt und die Schmerzmittel verschreibt? Vom Chirurgen, der Krankengymnastik verordnet und die Klammern aus der Wunde zieht? Vom Neurochirurgen oder Neurologen, wenn ein Nerv durch die Fraktur gequetscht ist? Am besten von allen, denn von jeder und jedem werden Beiträge zum Heilungsprozess benötigt.
Der Neurologe kann zur näheren Abklärung des Nervenleidens gegebenenfalls aufwendige bildgebende Verfahren wie Computer- oder Magnetresonanztomographie heranziehen. All das würde von der Krankenkasse bezahlt. Nicht bezahlt wird in einem solchen Fall die Sonographie – vulgo der Ultraschall. Die verlangt mehr Geschick vom ausführenden Arzt, ist aber deutlich aussagekräftiger. Im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ist das aber nicht vorgesehen, angeblich weil man eine unkontrollierte Mengenausweitung fürchtet.
Aber auch in der Selbstversorgung kämpft der Verunfallte mit Hindernissen, die nicht auf eine durchdachte Prozessorganisation der ambulanten Versorgung schließen lassen. Während des Krankenhausaufenthalts wurden die notwendigen Medikamente in speziellen, einarmig zu bedienenden Behältnissen ans Bett gebracht. Daheim müssen sie mühsam aus harten oder (viel schlimmer) weichen Blistern gequetscht werden. Das ist speziell bei Arzneien in Nanogröße eine Herausforderung der besonderen Art.
Nicht allein in der großen Politik werden Fehler bei der Steuerung der gesundheitlichen Versorgung gemacht. Die Ärgernisse liegen häufig in der Abwesenheit der Nutzerperspektive bei der Ausgestaltung der Details. Also bitte auch bei den vermeintlich kleinen Dingen die Betroffenen einbinden und den gesunden Menschenverstand einschalten. Dann wäre manches Handicap nur noch halb so schwer.