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Heil will Mindestlohn erneut anheben – Unternehmende laufen Sturm: „Sabotage“

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Von: Lisa Mayerhofer

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Arbeitsminister Heil will den Mindestlohn erneut anheben. Dabei wird die Höhe eigentlich von einem unabhängigen Gremium festgelegt. Unternehmende sind entsetzt.

München - Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat für das kommende Jahr eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns in Aussicht gestellt – und mit seinem Vorpreschen scharfe Kritik aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft auf sich gezogen. Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arbeitgeber (BDA), stellt sogar Heils Ministerlaufbahn infrage.

Heil erwartet deutliche Steigerung des Mindestlohns

Heil hatte zuvor der Bild am Sonntag gesagt: „Arbeit muss sich lohnen. Deshalb wird es zum nächsten Januar eine weitere Mindestlohnerhöhung geben.“ Er rechne mit einer „deutlichen Steigerung“. Der Minister verwies auf die hohe Inflation und Tariferhöhungen, die sich dabei auf den Mindestlohn niederschlagen.

Für die Festlegung des Mindestlohns ist allerdings nicht Heil, sondern ein Gremium aus Vertretern von Arbeitgebern:innen und Arbeitnehmer:innen zuständig. Diese ständige unabhängige Mindestlohnkommission unterbreitet der Regierung alle zwei Jahre einen Vorschlag zur Anpassung, der nächste wird im Sommer erwartet. Zuletzt war der Mindestlohn zum 1. Oktober von 10,45 Euro auf zwölf Euro pro Stunde erhöht worden. Diesen einmaligen Schritt hatte die Regierung beschlossen und nicht die eigens dafür eingesetzte Kommission.

Bundesarbeitsminister besucht ArcelorMittal
Hubertus Heil (SPD), Bundesarbeitsminister, besucht das Berufsbildungszentrum vom Stahlproduzenten ArcelorMittal. Er spricht sich für eine Erhöhung des Mindestlohns aus. © Patrick Pleul/dpa

Unternehmende wütend über Heils Mindestlohn-Pläne

Der BDA erklärte mit Blick darauf, es sei bisher „immer von einem einmaligen Eingriff die Rede“ gewesen. Heil „sabotiert die Arbeit der unabhängigen Mindestlohnkommission“, kritisierte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. „Staatslohnsetzung statt Tarifpolitik scheint die Maßgabe aus dem Arbeitsministerium zu sein“, so Kampeter.

„Die Koalitionsführung muss sich entscheiden, ob sie die fortwährenden Grenzüberschreitungen des Bundesarbeitsministers weiterhin duldet“, fügte er mit Blick auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hinzu und stellt damit auch Heils Minister-Laufbahn zur Debatte.

Auch Alexander von Preen, Präsident des Handelsverbandes HDE, äußert sich kritisch: „Entgegen aller Beteuerungen aus der Vergangenheit, versucht die Politik nun zum wiederholten Male, Einfluss auf die Festlegung der Höhe des Mindestlohns zu nehmen“, sagte er laut Welt.

Ökonom Lars Feld: „Nicht seine Aufgabe“

Zwar hat Heil bisher nicht direkt in die Arbeit der Kommission eingegriffen – aber mit seinen Aussagen in der Bild am Sonntag schon einmal öffentlichkeitswirksam die Erwartungen vorgegeben. Der renommierte Ökonom Lars Feld, ein beratendes Mitglied des besagten Gremiums, zeigt sich darüber mindestens pikiert.

„Minister Heil kann ja eine Prognose über die mögliche Entwicklung abgeben, aber er kann nicht Erwartungen an die Kommission richten, der Mindestlohn solle gefälligst zum 1. Januar 2024 deutlich genug steigen“, sagte Feld in einem Interview mit der Wirtschaftswoche. „Das ist nicht seine Aufgabe. Zuständig ist die Mindestlohnkommission, die unabhängig entscheiden soll – und nicht danach, was sich der Minister wünscht. Das gebietet die verfassungsrechtlich bewehrte Tarifautonomie.“

FDP kritisiert Heils Vorpreschen

Auch der Koalitionspartner FDP ist alles andere als begeistert: Der Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jens Beeck, betonte: „Die Festlegung von Löhnen obliegt in Deutschland den Tarifpartnern.“ Das gelte auch für den Mindestlohn.

Aufgrund der Entwicklung der Tariflöhne sei Heils Erwartung an eine Mindestlohnerhöhung „nicht unplausibel“, so Beeck. „Es ist jedoch weder die Aufgabe des Ministers darüber öffentlich zu spekulieren noch Einfluss nehmen zu wollen.“ Die politische Erhöhung im Vorjahr sei „einmalig“ gewesen, erklärte Beeck am Montag. „Eine erneute politische Mindestlohnfestlegung, an den Empfehlungen der Mindestlohnkommission vorbei, kommt nicht in Frage.“

Doch Gewerkschaften und Sozialverbände bringen sich schon in Stellung: „Der Mindestlohn muss auf 14 Euro steigen, damit spätere Rentnerinnen und Rentner nicht auf staatliche Hilfen angewiesen sind“, erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele am Donnerstag. „Berechnungen belegen: Wer 45 Jahre zu einem Stundenlohn von 14 Euro gearbeitet hat, erwirtschaftet eine Rente oberhalb des Existenzminimums.“

Mit Material der AFP und dpa

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