Wie grün ist die DWS?

Die Umweltorganisation Greenpeace wirft dem Fonds-Anbieter vor, sein Vergütungssystem fördere Greenwashing.
Die Sache mit dem Greenwashing-Skandal scheint für die DWS noch nicht ausgestanden zu sein. Zur Vorlage des Geschäftsberichts der Deutsche-Bank-Tochter am Freitag verwandelte Greenpeace die Fassade des Hauptsitzes der Fondsgesellschaft in Frankfurt in einen DWS-Greenwash-Salon. Das etwa drei Meter hohe Motiv zeigte Vorstandschef Stefan Hoops, der vor einem Waschsalon-Hintergrund ein mit grünem Schaum umhülltes DWS-Logo präsentiert.
Grund war nicht etwa der bereits bekannte, im Sommer 2021 von Whistleblowerin Desiree Fixler öffentlich gemachte Vorwurf, die DWS habe ihre Fondsprodukte grüner beworben, als sie tatsächlich waren. Seitdem ermitteln US-amerikanische und deutsche Aufsichtsbehörden gegen die Fondsgesellschaft und die Konzernmutter Deutsche Bank wegen Kapitalanlagebetrugs. Es geht vielmehr um hohe Vorstandsboni, die, so der Vorwurf von Greenpeace, für Greenwashing gezahlt werden. „Das Vergütungssystem der DWS sichert dem Vorstand hohe Bonuszahlungen für wirkungslose Nachhaltigkeitsziele. So kassiert der CEO im Branchenvergleich überdurchschnittlich viel Geld für leicht erreichbare, aber ökologisch unsinnige Ziele. Das ist Greenwashing mit System“, kritisiert Greenpeace-Finanzexperte Mauricio Vargas.
Zwar hatte die DWS ihr System für Bonuszahlungen nach dem Skandal 2021 überarbeitet, doch auch die neuen Vorgaben setzen laut Greenpeace „systematisch“ Anreize für Greenwashing. Bereits am Donnerstag hatte die Umweltschutzorganisation den Report mit Titel „DWS: Hohe Boni für Greenwashing“ vorgelegt. Diese Bewertung basiert auf einem Abgleich des DWS-Vergütungssystems mit anerkannten Grundsätzen der Branche. Dazu zählen neben dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) auch die „Leitlinien für eine nachhaltige Vorstandsvergütung“, an deren Erstellung die DWS selbst mitgewirkt hat. Danach muss die Vergütungsstruktur eines Unternehmens selbst verhältnismäßig sein. Die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen muss einen relevanten Einfluss auf die Vergütung der Führungskräfte haben. Und Relevanz und Materialität der Nachhaltigkeitsziele müssen gesichert sein.
Umweltorganisation bezweifelt Verhältnismäßigkeit der DWS-Boni
Laut Greenpeace zeigt die Prüfung der Verhältnismäßigkeit des DWS-Vergütungssystems, dass der Vorstandsvorsitzende unter Berücksichtigung der Unternehmensgröße mit Abstand Deutschlands bestbezahlter Manager eines börsennotierten Unternehmens ist. Die DWS Group ist im S-Dax gelistet. Dort betrug 2021 die durchschnittliche Gesamtvergütung der Unternehmenschefs laut der Beratungsfirma EY 1,334 Millionen Euro. Die Gesamtvergütung des damaligen DWS-Chefs Asoka Wöhrmann betrug im selben Jahr 6,945 Millionen Euro und damit mehr als das Fünffache des Durchschnitts im S-Dax und lag sogar deutlich über dem Schnitt der Dax-Vorstandsvorsitzenden von 5,961 Millionen Euro. Laut Geschäftsbericht 2022 betrug die Vergütung des aktuellen DWS-Chefs Hoops knapp 6,8 Millionen Euro.
Greenpeace folgert: „Die Verhältnismäßigkeit der Spitzengehälter als zentrales Grundprinzip nachhaltiger Vergütungssysteme ist bei der DWS somit keineswegs gegeben“. Bei der DWS sieht man das anders. Sie verwaltet nach eigenen Angaben 57 Prozent ihrer Assets außerhalb Deutschlands und sieht sich daher im internationalen Wettbewerb mit Branchengrößen wie dem US-Vermögensverwalter Blackrock – und da geht es um ganz andere Größenordnungen. Allerdings verwaltete Blackrock im Jahr 2022 8,59 Billionen Dollar, die DWS laut Geschäftsbericht 821 Milliarden Euro (872,3 Milliarden Dollar).
Müll sammeln erhöht laut Greenpeace den Bonus
Hinsichtlich der Gewichtung von Nachhaltigkeitszielen in der Vorstandsvergütung hat sich laut Greenpeace einiges getan. So wurde 2021 offenbar die Zielgröße des „ESG-spezifisch verwalteten“ Vermögens aus den Leistungszielen für den DWS-Vorstandschef gestrichen. Greenpeace deutet dies als Reaktion auf den Greenwashing-Skandal um Asoka Wöhrmann. Allerdings, so schreibt die Umweltschutzorganisation, wurde auch der überarbeitete Katalog der Nachhaltigkeitsziele und damit die Chef-Boni an „wirkungslose und leicht erreichbare Nachhaltigkeitsziele gekoppelt“. Dabei gehe es etwa um die Reduktion der eigenen Emissionen des Finanzdienstleisters statt derer in den Portfolios der Kundschaft. Auch erhöhten zum Beispiel Müllsammelaktionen der Belegschaft den Bonus des Vorstandschefs. „Diese Wirkungslosigkeit der neuen DWS-Nachhaltigkeitsziele stellt eine neue Form von Greenwashing dar“, schlussfolgert Greenpeace.
Vergütung Deutsche Bank
Nach dem höchsten Gewinn seit 15 Jahren ist die Vergütung des Deutschen Bank-Vorstands gestiegen. Die Gesamtvergütung – also Grundgehalt plus variable Vergütung – des Gremiums um Vorstandschef Christian Sewing erhöhte sich 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent auf 67,7 Millionen Euro, wie das Institut am Freitag in Frankfurt mitteilte. Die Summe verteilt sich auf elf Köpfe.
Sewings Gesamtvergütung stieg um rund 110 000 Euro auf gut 8,9 Millionen Euro. Deutsche-Bank-Vize-Chef Karl von Rohr kommt auf knapp 7,3 Millionen nach gut 7,1 Millionen Euro im Jahr zuvor. dpa
Die DWS weist die Anschuldigungen „entschieden zurück“. „Die “Recherche“ ist verzerrend und basiert auf einer selektiven und damit falschen Interpretation unseres Vergütungssystems“, erklärte der Vermögensverwalter am Freitag. Zur Vergütung der Geschäftsführung berichte man „regelmäßig und transparent“ im Rahmen des Vergütungsberichts. „Dieser entspricht den gesetzlichen Vorgaben des Aktiengesetzes und den regulatorischen Vorgaben. Der Vergütungsbericht berücksichtigt außerdem den Deutschen Corporate Governance Kodex sowie die relevanten Rechnungslegungsvorschriften“, so die DWS, die betont, dass das Vergütungssystem von der Hauptversammlung 2021 mit einer Zustimmungsquote von mehr als 99 Prozent genehmigt wurde.
Nichtsdestotrotz hält Greenpeace-Finanzexperte Vargas auch die im neuen DWS-Vergütungsbericht 2022 genannte Höhe sowie die Kriterien der Boni für Hoops für hochproblematisch: „Die von Greenpeace identifizierten Fehlanreize im DWS-Vergütungssystem haben sich für das Jahr 2022 nicht nur bestätigt, sondern weiter zugespitzt.“ Besonders schwerwiegend sei, dass die DWS weiterhin nicht berücksichtige, wie viele Emissionen ihre Investitionen in klimaschädliche Unternehmen verursachen. „Diese machen jedoch rund 99 Prozent des gesamten CO2-Fußabdrucks aus. Stattdessen zählt sie lediglich die Emissionen aus Dienstreisen“, so Vargas.