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Unternehmen feiern sich am Frauentag - Gender-Pay-Gap-Bot hält ihnen den Spiegel vor - für viele wird es bitter

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Von: Amy Walker

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Ungleichgewicht Männer und Frauen.
Zum internationalen Frauentag versuchen sich Firmen zu profilieren. © Andrey Popov/Imago

Jedes Jahr am Frauentag profilieren sich Firmen weltweit mit Events zur Gleichberechtigung. Manche Unternehmen handeln dabei ziemlich heuchlerisch – wie der Blick auf einen Bot offenbart.

Berlin – Am 8. März ist wieder Internationaler Frauentag und damit erneut Anlass, um über die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern zu sprechen. Das wird auch viel getan: Am Frauentag gibt es immer zahlreiche Veranstaltungen, Gesprächsrunden, Demonstrationen und Social-Media-Posts. Aus einem feministischen Kampftag ist dabei mit der Zeit eher ein Trend geworden – einer, auf den Unternehmen gerne aufspringen wollen, ohne dabei wirklich viel für die Gleichberechtigung zu tun.

Gender-Pay-Gap-Bot: Lohngleichheit noch nicht erreicht

So posten am und um den 8. März viele Firmen solidarische Nachrichten auf sozialen Medien, in denen sie die Ungleichheit monieren und Versprechungen für das nächste Jahr abgeben. Es wird von „inspirierenden“ und „starken“ Frauen gesprochen. Aber obwohl sich alle Unternehmen öffentlich gerne hinter die Lohngleichheit stellen wollen, bleibt der Gender-Pay-Gap bestehen.

Seit zwei Jahren gibt es daher auf Twitter den „Gender-Pay-Gap-Bot“, der insbesondere diese Unternehmen unter die Lupe nimmt und anhand öffentlich zugänglicher Daten automatisch die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen aufdeckt. Das Motto der Bot-Betreiber lautet: „Taten statt Worte“.

Gender-Pay-Gap-Bot ruft zu mehr Verantwortungsbewusstsein auf

Ins Leben gerufen wurde der Gender-Pay-Gap-Bot im März 2021 von der Social-Media-Managerin Francesca Lawson und dem Software-Profi Ali Fensome. Lawson schreibt auf der Webseite zur Hintergrundgeschichte des Bots, dass es sie genervt habe, dass sie von Firmen zum Frauentag oft heuchlerische Aufträge bekam – und dass sie nie das Gefühl hatte, dass ihre Kritik daran gehört wurde. „Mir fiel es schwer, innerhalb der Unternehmen ein Verantwortungsbewusstsein zu wecken, also habe ich einen Weg gefunden, es von außen zu tun“.

Das selbstauferlegte Ziel des Bots ist es, auf heuchlerische Posts der Unternehmen aufmerksam zu machen und dadurch Augen zu öffnen. Der Bot geht durch alle Firmen-Posts, die auf Twitter mit dem Hashtag #IWD veröffentlicht werden und findet dann die öffentlich zugänglichen Daten zu den Gehaltsstrukturen innerhalb der Unternehmen. Der Bot kann aber nur Daten über Firmen, die in Großbritannien registriert sind, nutzen, da diese per Gesetz öffentlich gemacht werden müssen.

Mitarbeiter können aber auch anfragen, wie es bei ihrem eigenen Unternehmen aussieht. Wer also an @paygapapp eine Nachricht schreibt und ein in Großbritannien ansässiges Unternehmen nennt, kann herausfinden, wie Männer und Frauen dort bezahlt werden.

Gender-Pay-Gap-Bot entblößt Heuchelei

Schon vor dem Internationalen Frauentag hat der Bot auf Twitter seine Arbeit aufgenommen. Die international tätigen Unternehmensberater Shearmen & Sterling haben zum Beispiel als Reaktion auf eine Veranstaltung zum Frauentag eine Bot-Meldung bekommen: „In dieser Organisation ist das mittlere Einkommen von Frauen 52 Prozent niedriger als das von Männern“.

Auch die bekannte Schmuck-Marke Thomas Sabo hat es dieses Jahr erwischt: Laut Gender-Pay-Gap-Bot werden dort Frauen im Mittel 25,8 Prozent schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen.

Und auch die Bank Lloyds, eine der größten im Vereinigten Königreich, hat sich 2023 in Sachen Lohngerechtigkeit wohl nicht verbessert: Männer erhalten dem Bot zufolge im Mittel 40,9 Prozent mehr Geld als Frauen.

Geht man durch den Feed des Gender-Pay-Gap-Bots, dann trifft man auch immer wieder auf Posts, die von Firmen zwischenzeitlich gelöscht wurden. In diesen Fällen ist der Gehaltsunterschied in der Regel besonders groß oder die Unterschiede sind zwischen 2022 und 2023 deutlich gewachsen, sodass klar wird, wie wenig die Firma innerhalb eines Jahres für die Gleichberechtigung wirklich getan hat.

Nicht alle Meldungen des Bots sind aber schlecht. Immer wieder wird auch aufgezeigt, dass es in einer Firma keinerlei Unterschiede bei der Bezahlung zwischen Männern und Frauen gibt. Oder – der seltenere Fall – Frauen sogar besser bezahlt werden als Männer.

Internationaler Frauentag: In Deutschland gibt es noch viel zu tun

Zum Weltfrauentag werden auch in Deutschland wieder die aktuellen Zahlen und Fakten hervorgeholt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren 2021 noch immer weniger als ein Drittel der Führungspositionen von Frauen besetzt. Dabei steht Deutschland den Statistikern zufolge im Europa-Vergleich unterdurchschnittlich da. „EU-weit den höchsten Anteil an weiblichen Führungskräften wies Lettland auf (46 Prozent). Auch Schweden und Polen (je 43 Prozent) sowie Estland (41 Prozent) erreichten Quoten jenseits der 40-Prozent-Marke,“ so das Bundesamt. Im EU-Ranking liegt Deutschland auf Platz 19 von 27.

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