Woher kommt das T-Shirt?

Das Lieferkettengesetz tritt Anfang 2023 in Kraft. Es bietet die Chance, die digitale und globale Vernetzung so zu gestalten, dass sie Menschen, Klima, Natur und Gemeinwohl schützt. Die „Kolumne“ Gastwirtschaft.
Weihnachtszeit ist Paketzeit und damit Hochsaison für (Online-)Händler. Mit nur einem Klick bestellen wir das Objekt unserer Begierde und können die „letzte Meile“ seiner Lieferkette in Form der Sendungsverfolgung live beobachten. Wie viele Schritte tatsächlich vor dessen Anlieferung an der Haustür liegen, wissen wir nicht. Die Komplexität des „Supply Chain Managements“ können wir nur erahnen. Ein Modeunternehmen beispielsweise hat durchschnittlich 146 Lieferanten, die an der Wertschöpfung von der Baumwollernte bis zum fertigen T-Shirt im heimischen Kleiderschrank beteiligt sind.
Nur wenn die gut geölte Maschine der Lieferkette für all unsere Wünsche und Träume ins Stocken gerät, tritt sie in unser Bewusstsein: Spätestens als die „Ever Given“ den Transport via Suezkanal lahmlegte, diskutierten Menschen weltweit die Risiken und Chancen, Waren in alle Himmelsrichtungen zu senden und von überall zu beziehen.
Diese gesteigerte Aufmerksamkeit entgeht auch den Unternehmen nicht. Sie werben mit „sauberen“ Lieferketten für ihre Produkte, der Einhaltung von Umweltschutzmaßnahmen und Menschenrechten oder damit, die Rohstoffe alter Produkte der Lieferkette wieder zuzuführen, wenn man denn nur neue kauft. Doch solche Recyclingambitionen bleiben oft im schönsten Greenwashing stecken und nicht nur alte, sondern sogar neuwertige Sneaker werden schlichtweg vernichtet.
Doch etwas Großes rollt an: Das Lieferkettengesetz tritt Anfang 2023 in Kraft und die Pläne der EU gehen schon längst weiter: Die gut geölte und vor allem gut versteckte Maschine kann ins Wanken geraten, wenn die Händler der Händler plötzlich unter Druck gesetzt werden müssen, ihre Wege offenzulegen. Das wird allerdings höchste Zeit. Supply Chains sind verantwortlich für eine Menge Leid auf der Welt. Doch sie bieten auch die Chance, einer digitalen und globalen Vernetzung, die Menschen, Klima, Natur und Gemeinwohl schützt.
Unternehmen wie Plan A, Planetly oder Seedtrace geben da erste Impulse: Sie bieten digitale Lösungen, um beispielsweise den Ausstoß des Kohlendioxids entlang einer Lieferkette zu berechnen, oder erschaffen echte Transparenz durch Blockchainanwendungen, durch die wir zukünftig als Verbraucher die gesamte Lieferkette – nicht nur deren Ende – nachvollziehen können.
Die Autorin ist Philosophin, Geschäftsführerin eines Tech-Unternehmens und Host eines Podcast zu digitaler Gerechtigkeit.