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Warum Bauen so teuer ist

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Von: Günther Moewes

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Kabinettsklausur des Bundeskabinetts im Gaestehaus Schloss Meseberg Aktuell,06.03.2023 Schloss Meseberg, Bundeslandwirts
Fehlender Wohnraum bringt Bauministerin Geywitz in Schwierigkeiten. Doch wo sollen die vielen neuen Häuser herkommen? © Imago

Wohnungen kommen nicht vom Fließband. Das ist ein Problem. Die Kolumne „Gastwirtschaft.

Kann Wohnungsbau schneller und billiger werden? Diese Frage beschäftigt derzeit alle Medien. Man will mehr Sanierung, Reparatur, Nachverdichtung, Nutzung von Industriebrachen, Aufstockung statt Abriss, Umbau statt Neubau, Umnutzung von Nichtwohnungsbau zu Wohnungsbau. Alles richtig, alles seit 30 Jahren gefordert. Nur: damit allein lassen sich die fehlenden 700 000 Wohnungen nicht beschaffen.

Bauministerin Geywitz, „Der Spiegel“ und meine letzte Kolumne an dieser Stelle fordern deshalb mehr „Serielles Bauen“. Das biete viele Vorteile: Unabhängigkeit vom Wetter, Trockenbau, kürzere Planungs- und Bauzeiten, mehr Digitalisierung bei Planung und Produktion, höhere nachträgliche Veränderbarkeit, Wiedernutzung der Teile, einmaliges Prüfverfahren und Systemstatik, statt bei jedem Projekt immer wieder andere und neue. Die Süddeutsche Zeitung ist jedoch dagegen und schreibt am 24. Januar: „Mit seinem Baukastensystem machte Gropius im Exil in den USA zurecht schnell pleite“. Wer hat Recht?

Bauen hat ein großes historisches Problem: Es hat den Absprung aus seiner Jahrtausende alten handwerklichen Tradition versäumt. Deshalb sind Handwerker heute so teuer. Autos wären auch viel teurer, würde jedes von einem eigenen Designer und zehn verschiedenen Gewerken hergestellt. Beim Bauen gibt es dagegen heute noch Tausende verschiedener Blechanschlüsse, Zimmerleute in Trachtenanzügen und Architekten und Hochschulen, die noch immer ein Ziel haben: die einmalige, noch nie dagewesene Architektursensation. Aus Profilierungsgründen am besten in der eigenen, unverwechselbaren „Handschrift“. Das alles schafft zwar manchmal hervorragende, Tourismus fördernde Kulturbau-Unikate. Oft auch Architekturzoos. Es ist aber das genaue Gegenteil des Seriellen.

Wohngebäude und Autos sind Serienartikel. Das ist bei Wettbewerben, Verbänden, Theoretikern, Kritikern, Fachzeitschriften und Hochschulen weltweit noch nicht richtig angekommen. Deshalb gibt es so wenige gute Systemarchitekten und -bauten. In Deutschland wäre auch noch die Befreiung der Bausysteme von 16 verschiedenen Bauordnungen nötig. Die machen alle seriellen Vorteile zunichte. Das alles geht nicht ohne zentrale Lenkung. Da hat Frau Geywitz noch viel zu tun.

Der Autor ist emeritierter Professor für Industrialisierung und Verteilungs- und Wachstumskritiker. Zuletzt erschien sein Buch „Weder Hütten noch Paläste“.

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