Vier Tage Arbeit reichen

Das darf aber nicht zu noch mehr Stress führen.
Im Land der Überstundenweltmeister rumort es kräftig – die Bundesrepublik diskutiert die Vier-Tage-Woche. Je nachdem, wen und wie man fragt, findet die Idee Zustimmung und Ablehnung zugleich. Kein Wunder, mit dem Stichwort kann Unterschiedliches gemeint sein. Viele Arbeitgeber – deren Präsident noch vor kurzem „mehr Bock auf Arbeit“ von den Beschäftigten forderte – rechnen bei der Vier-Tage-Woche die gleiche Anzahl Arbeitsstunden, nur verteilt auf weniger Arbeitstage: noch mehr Hamsterrad, nur getarnt als Flexibilität.
Dass Arbeitnehmer:innen diese Idee durchschauen, zeigt eine Forsa-Umfrage: Die meisten Beschäftigten lehnen ein solches Modell für eine Vier-Tage-Woche ab. Das Misstrauen ist mehr als berechtigt; mancher Arbeitgeber wittert in der Debatte die Chance, den Achtstundentag – eine der ältesten Errungenschaften der Arbeiterbewegung – dranzugeben. Arbeitnehmer:innen aber wissen, was Arbeitsmedizin und Wissenschaft schon lange festgestellt haben: Nach sechseinhalb Stunden Arbeit am Tag sinkt die Leistungsfähigkeit, mehr als acht Stunden gefährden die Gesundheit.
Genau damit sind auch die viel zitierten Produktivitätszuwächse bei der Vier-Tage-Woche zu erklären: Weniger Arbeit ist besser für die Gesundheit; weniger Arbeit bedeutet weniger Krankmeldungen, was sich statistisch auch als höhere Produktivität niederschlägt.
Wenn Gewerkschaften über die Vier-Tage-Woche reden, dann heißt das: reduzierte Arbeitszeit ohne steigende Arbeitsbelastung bei gleichem Lohn. Das wünscht sich eine Mehrheit, hat eine Befragung der Hans-Böckler-Stiftung ergeben. Es besteht offenbar das Bedürfnis, sich aus einer oft entgrenzten Arbeitswelt zu befreien, um so Atempausen für Familie, Erholung und gesellschaftliches Engagement zu gewinnen.
Diese Signale sollten Arbeitgeber ernst nehmen – erst recht die, die Fachkräfte suchen. Eins muss klar sein: Die Vier-Tage-Woche als Exitstrategie aus dem Hamsterrad darf nicht die Gesundheit gefährden. Auf die Frage, wie die Vier-Tage-Woche arbeitnehmerfreundlich umgesetzt werden kann, gibt es auch eine Antwort: Tarifverträge sind unser Mittel, die Stellschrauben in den einzelnen Branchen richtig zu justieren. Die IG Metall zeigt in ihren Ankündigungen zu den kommenden Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie, wie es gehen kann.
Die Autorin ist Mitglied im geschäftsführenden DGB-Bundesvorstand und verantwortet auch die Themen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik.