Trotz Wirecard und Cum-Ex: Kein Schutz für Whistleblower

Whistleblower bleiben in Deutschland ohne Schutz. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Cum-Ex, Wirecard und diverse Steuerleaks zeigen: Nur dank der Hinweise von Whistleblowern gelingt die Aufklärung vieler Finanzskandale. Das gilt natürlich auch für Vergehen in anderen Bereichen. Hier nehmen Menschen viel auf sich, um Betrug, Korruption und andere Missstände ans Tageslicht zu bringen. Dafür erleiden sie häufig Repressalien wie Drohungen oder Kündigungen.
Doch trotz der Bedeutung und des Mutes vieler Hinweisgeber verweigert Deutschland diesen bis heute einen angemessenen Schutz – im Gegenteil, die Bundesrepublik bricht an dieser Stelle sogar EU-Recht. Seit Längerem läuft deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. Vor Kurzem hat die EU-Kommission sogar mit einer Klage nachgelegt – aus gutem Grund.
Denn bereits Ende 2021 endete eine Frist, um eine EU-Richtlinie für besseren Hinweisgeberschutz umzusetzen. Vor Ablauf der Frist wollte die damalige Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) ein Gesetz durchbringen, konnte aber keine Einigung mit dem Koalitionspartner CDU/CSU erzielen. Der jetzige Justizminister Marco Buschmann (FDP) nahm vor Kurzem einen erneuten Anlauf. Der Gesetzesvorschlag, der immerhin die erste Hürde im Bundestag nahm, war aus Sicht von Finanzwende nicht perfekt, wäre aber ein Schritt in die richtige Richtung gewesen. So hätte das Gesetz etwa Vergeltungsmaßnahmen von Unternehmen nach Offenlegungen erschwert und zur Einrichtung von Meldestellen beigetragen. Doch wie Lambrecht zuvor scheiterte auch Buschmann am Widerstand der Union – diesmal im Bundesrat.
Das Ergebnis des Ganzen: Mehr als ein Jahr nach der Umsetzungsfrist bietet Deutschland Hinweisgebern nicht den von der EU vorgeschriebenen Mindestschutz. Das ist eine Blamage und zeigt, dass es einigen lieber ist, wenn manche Finanzskandale unter dem Teppich bleiben. Und es zeigt, dass gerade diejenigen, die sich oft als entschlossene Kämpfer gegen Kriminalität inszenieren, dabei offenbar mit zweierlei Maß messen.
Doch es ist falsch, bei Finanzkriminalität ein Auge zuzudrücken. Nicht nur der finanzielle Schaden für das Gemeinwesen ist enorm. Geschädigt werden auch ehrliche Unternehmen und Verbraucher. Es ist deshalb sehr bemerkenswert, dass hier einige die Interessen derjenigen in unserer Wirtschaft vertreten, die schmutzige Geschäfte zu verbergen haben.
Der Autor ist Vorstand der überparteilichen Bürgerbewegung Finanzwende e.V.