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Strahlende Zukunft?

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Von: Dagmar Pruin

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Ehemalige Uranerztagebau Lichtenberg bei Ronneburg.
Ehemalige Uranerztagebau Lichtenberg bei Ronneburg. © Jan-Peter Kasper/dpa

Auch menschenrechtliche Aspekte sprechen für ein weltweites Ende der Atomenergie: Der Brennstoff Uran lässt sich nicht ohne schwerwiegende Folgen für die Menschen gewinnen, die in der Nähe einer Mine leben. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.

Heute ist endgültig Schluss. Die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland werden endlich in Rente geschickt. Der Schritt kam spät. Die Laufzeitverlängerung aus dem vergangenen Herbst war unnötig. Trotzdem kann man die Bundesregierung beglückwünschen. Atomenergie ist ein Auslaufmodell. Weltweit erzeugen Erneuerbare fast dreimal so viel Strom wie Atomkraft. Über 80 Prozent der im Jahr 2022 weltweit neu gebauten Kraftwerkskapazitäten sind erneuerbar.

Der Grund ist simpel: Während eine Megawattstunde Sonnen- und Windstrom inzwischen im Schnitt für unter 40 US-Dollar erzeugt werden kann, kostet die gleiche Menge Atomstrom aus neuen Kraftwerken mehr als das Vierfache.

Daneben sprechen – von der ungeklärten Endlagerfrage und dem Unfallrisiko ganz zu schweigen – menschenrechtliche Aspekte für ein weltweites Ende von Atomenergie: Der Brennstoff Uran lässt sich nicht ohne schwerwiegende Folgen für die Menschen, die in der Nähe einer Mine leben, aus der Erde holen. In Niger, dem größten Uranlieferanten der EU, sind in den Minen Arlit und Akokan rund 140 000 Tonnen Uran gefördert worden. Zurück blieben über 100 Millionen Tonnen an Gesteinsresten: eine massiv strahlende Masse. Sie verursacht Krebs, Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten und vieles mehr. Die Menschen wiederum haben von Nigers Exportschlager Nummer eins praktisch nichts: Sie leben in einem der ärmsten Ländern der Welt, 45 Prozent von ihnen unterhalb der Armutsgrenze und weniger als 15 Prozent haben Zugang zu Strom. Die Atomkraft hat wahrlich (k)eine strahlende Zukunft gebracht.

Übrigens importiert die EU auch große Mengen Uran aus Russland und mit ihm verbündeten Staaten – in Zeiten des Angriffskrieges gegen die Ukraine ist das nicht hinnehmbar.

Deutschland sollte nun mit gutem Beispiel vorangehen und Länder wie den Niger dabei unterstützen, seine Uranabbauhalden zu beseitigen und mithilfe dezentraler erneuerbarer Energien die grassierende Energiearmut zu überwinden. Zugleich muss die Bundesregierung jetzt den Ausbau der Erneuerbaren auch in Deutschland massiv beschleunigen und den Energieverbrauch deutlich senken. Dann kann auch der notwendige Kohleausstieg bis 2030 gelingen. Eine echte Energiewende gibt es nur ohne Kohle-, aber auch ohne Atomenergie.

Die Autorin ist Präsidentin von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe.

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