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Schieflage in Forschung

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Von: Jens Holst

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Untersuchung zum Nachweis resistenter Keime. Neue Antibiotika sind Mangelware.
Untersuchung zum Nachweis resistenter Keime. Neue Antibiotika sind Mangelware. © Daniel Karmann/dpa

In der Pharmabranche forschen viele Unternehmen am Bedarf vorbei. Das ist ein Problem. Die LKolumne „Gastwirtschaft“.

Anfang März behandelte der Bundestags-Wirtschaftsausschuss einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Deutschland als Innovations-, Biotechnologie- und Pharmastandort stärken, EU-Mittel sichern“. Darin fordert die Fraktion die Einführung und öffentliche Förderung eines „BioTech Future Fonds“ zur Verbesserung der Bedingungen der Pharma-Industrie in Deutschland.

Eine Unterstützung der Branche nach dem Gießkannenprinzip wäre aber nicht nur Geldverschwendung, sondern auch schädlich. Denn neue Medikamente gibt es reichlich, nur zeigen die Neuzulassungen eine Schieflage: jedes dritte neue Medikament richtet sich gegen Krebs, fast jedes fünfte gegen Stoffwechselkrankheiten. Neue Antibiotika sind Mangelware – obwohl zunehmende Antibiotikaresistenzen die Gesundheit weltweit gefährden.

Auf den Markt kommen vornehmlich hochpreisige, sprich lukrative Mittel. Die bringen allerdings allzu oft gar keinen Mehrwert für die Patient:innen mit sich. So ergab die seit 2011 in Deutschland verpflichtende Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nur bei einem Drittel der Neuzulassungen einen Zusatznutzen; nicht einmal bei jeder achten Indikation waren deutliche Verbesserungen zu erkennen. Studien zeigen einen geringen oder fehlenden Mehrnutzen vieler Neuzulassungen in Europa und den USA.

Auch die im Antrag enthaltene Förderung von Start-ups ist weder volkswirtschaftlich noch gesundheitspolitisch sinnvoll. Allzu oft forschen Wissenschaftler:innen jahrelang auf Staatskosten, gründen bei Aussicht auf ein vermarktungsfähiges Produkt ein Start-up und lassen sich bei Erfolg für horrendes Geld von einem Pharma-Konzern aufkaufen, der diese Investition über hohe Medikamentenpreise wieder einspielt – auf Kosten der Versicherten.

Angesichts der üppigen Gewinne der Pharma-Branche erscheint der Ruf nach mehr Geld fragwürdig. Profitieren würden in erster Linie die großen Hersteller, die schon jetzt mehr als die Hälfte der Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenkassen kassieren. Mit teuren, patentgeschützten Medikamenten erzielen sie eine Profitrate von mehr als 25 Prozent. Da sehen wohl nicht nur Friedrich Merz und Co. noch Luft nach oben, Unterstützung gab es auch von anderen Fraktionen.

Der Autor ist Facharzt für Innere Medizin, gesundheitspolitischer Berater und hat eine Professur für Global Health an der Hochschule Fulda.

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