Ressourcen für Generäle

Unser Hunger nach Lithium und Gold stärkt das Militär im Süden. Vermeiden lässt sich dies nur, wenn die EU und die Bundesregierung wirtschaftliche Kooperation an die Achtung der Menschenrechte binden. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Nach langen Jahren unter Diktatoren werden Argentinien und Indonesien inzwischen demokratisch regiert, zumindest formal. Doch das könnte sich in den nächsten Jahren wieder ändern. Ein Grund dafür ist der Hunger westlicher Industrieländer nach Ressourcen für ihre wirtschaftliche Entwicklung. In beiden Ländern greifen die Militärs nach mehr Macht, um den Rohstoffexport gegen Widerstände zu sichern.
So kündigte Argentiniens Militärkommandant Juan Martin Paleo vor wenigen Tagen an, dass die Lithiumvorkommen im Norden und die – weltweit größten – Ölschieferreserven im Süden des Landes militärisch gesichert werden müssten. Da die argentinische Armee laut Verfassung nur zur Verteidigung der Landesgrenzen eingesetzt werden darf, forderte Paleo prompt eine Verfassungsänderung. Sie soll es dem Militär erlauben, auch Exporte gegen Angreifer zu schützen. Es ist klar, wen der oberste Militär mit Angreifern meint: Indigene und Umweltschützer, die ihr Land und die Natur bedroht sehen.
Ähnliche Tendenzen zeigen sich in der indonesischen Provinz Papua Tengah, wo Gold abgebaut wird. Auch hier sichert das Militär die Minenprojekte. Zwei Umweltschützer, die dies angesprochen haben, wurden verhaftet. Ihnen drohen mehrjährige Haftstrafen wegen Verleumdung des Militärs.
Seit langem ist bekannt, dass die Ausbeutung wertvoller Ressourcen in der sogenannten Dritten Welt selten zu mehr Demokratie, oft aber zur Zusammenarbeit von autoritären Regierungen, Militär und Wirtschaftselite führt, bei der die Bevölkerung außen vor bleibt. Davon zeugen zahlreiche Staaten in Afrika sowie im Nahen und Mittleren Osten.
Kommt es doch zu Widerstand, dann sichert das Militär die Ausbeutung der Rohstoffe mit Gewalt und will dann an den Erträgen beteiligt werden.
Vermeiden lässt sich dies nur, wenn die Europäische Union und die Bundesregierung in ihrer Rohstoffstrategie nicht nur auf die Ausbeutung der Ressourcen setzt. Stattdessen gilt es, die wirtschaftliche Kooperation an die Achtung der Menschenrechte und an die Beteiligung der Bevölkerung an den Entscheidungen über die Ressourcen unter ihrem Boden zu binden. Ohne eine solche Strategie könnte die Suche nach Alternativen zur Zusammenarbeit mit dem totalitären China böse enden: Nämlich in der Militarisierung anderer Rohstoffexport-Länder im globalen Süden.
Wolfgang Kessler ist Wirtschafts-
publizist.