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Neuer Bundesbank-Chef Joachim Nagel: Ein guter Zeitpunkt

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Von: Carsten Brzeski

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Joachim Nagel arbeitet momentan bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Bild: BIZ
Joachim Nagel arbeitet momentan bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. © BIZ

Die Erwartungen an Joachim Nagel, den neuen Präsidenten der Bundesbank, sind hoch. Er hat einen großen Vorteil im Gegensatz zu seinem Vorgänger. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.

Es gibt in Deutschland wohl kaum eine prestigeträchtigere Position als die des Bundesbankpräsidenten. Unabhängig, unangefochten und seit der Einführung des Euros auch immer häufiger unverstanden. Es ist allerdings auch eine Position, deren Prestige mittlerweile größer ist als ihr tatsächlicher Einfluss.

Joachim Nagel wird Nachfolger von Jens Weidmann. Wenn eine Entscheidung von allen Seiten nur Lob erntet, muss es eine gute Entscheidung sein. Aber bevor Joachim Nagel seinen ersten Arbeitstag hat, wird er in Deutschland schon wieder überhäuft mit Wünschen und Hoffnungen. Nagel soll dafür sorgen, dass die Inflation endlich wieder sinkt. Er soll erreichen, was Jens Weidmann nicht gelungen ist. Dabei weiß eigentlich niemand, für welche geldpolitische Linie Joachim Nagel steht. Man kann nur vermuten, dass er die traditionelle Bundesbanklinie der eher orthodoxen Geldpolitik fortsetzen wird. Obwohl lockere und strengere Geldpolitik der letzten Jahre sich im Grunde ja nur unterschieden haben in der Auffassung, ob die zu niedrige Inflation aus sich selbst wieder steigen kann oder nur mit Hilfe von geldpolitischen Maßnahmen.

Bundesbank ist nicht mehr Epizentrum der Europäischen Geldpolitik

Bei allen Hoffnungen und Wünschen, die in Joachim Nagel gesetzt werden, wird häufig vergessen, dass die Bundesbank nicht mehr das Epizentrum der Europäischen Geldpolitik ist. Natürlich hat die Stimme des Bundesbankpräsidenten mehr Gewicht als die des Notenbankpräsidenten aus Zypern, aber auch eine gewichtige Stimme kann sich immer wieder ins Seitenaus spielen.

Größe und Intelligenz allein reichen schon lange nicht mehr, um Einfluss auszuüben innerhalb der EZB. Europäisches Fingerspitzengefühl, das Verständnis für die unterschiedlichsten nationalen Empfindlichkeiten und das richtige Timing für Kritik oder Lob sind essentiell. Eigenschaften, die für den Erfolg Joachim Nagels mindestens genauso wichtig sind wie die nächsten Inflationsprognosen.

Einen großen Vorteil im Vergleich zu seinem Vorgänger hat Nagel auf jeden Fall: Während Weidmann auf dem Höhepunkt der Euro-Krise und dem Anfang der ultralockeren Geldpolitik sein Amt antrat, kommt Nagel in einem ganz anderen Moment. Die EZB hat gerade erst den langsamen Einstieg in den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik angekündigt und selbst eine erste Zinserhöhung ist nicht mehr so weit weg. Es gibt wohl keinen besseren Zeitpunkt.

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