Mutige Macher

In Krisen wechseln jene Unternehmen auf die Überholspur der Gewinner, die Dinge wirklich neu denken und etwas riskieren. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Kommendes Jahr will Airbus mit der A321 XLR eine Maschine mit fast 9 000 Kilometern Reichweite starten, die der betagten Boeing 757 den Rang ablaufen soll. Die Idee dahinter: ein Zusatztank im Rumpf, der sie flexibel von der Kurz- bis zur Langstrecke einsetzbar macht. Gelernt hat Airbus dabei wohl vom Scheitern ihres Großraum-A 380, der sich in der Pandemie als kaum wirtschaftlich erwiesen hat und bei den Luftlinien im Hangar der Geschichte zu enden droht.
Als Hamburger freue ich mich sehr über diesen Quantensprung, denn die Maschine wird auf der Elbinsel Finkenwerder direkt vor der Haustür gefertigt. Aus der Managementperspektive kann ich das entschlossene Vorgehen der Airbus-Verantwortlichen nur bewundern. Das Unternehmen beweist damit einmal mehr, dass in jeder Krise jene auf die Überholspur der Gewinner wechseln, die Dinge wirklich neu denken und etwas riskieren, um sie mit Nachdruck, Geschwindigkeit und Qualität umzusetzen.
Wie sehr dieser Versuch schiefgehen kann, hat der US-Kontrahent mit seiner 737 MAX bewiesen, die binnen kurzer Zeit zum Verkaufsschlager wurde, nur um dann mit traurigen Folgen und einem PR-Desaster wieder abzustürzen. Dieses Schicksal wollen wir für Airbus ebenso wenig hoffen, wie wir es Boeing gewünscht haben. Denn solch mutiges Handeln verdient es, belohnt zu werden.
Wie immer impliziert dieses Handeln nicht nur technische Exzellenz und den starken Einsatz der Flugzeugbauer in der Montagehalle. Es ist auch eine Managementleistung, die viele deutschen Unternehmen heute nicht mehr zutrauen wollen. Doch schon lange liegen die Verbesserungspotenziale der deutschen Industrie nicht mehr im strategischen Denken und im mangelnden Mut. Was noch fehlte, um wieder Weltspitze zu werden, war die Qualität und das Tempo in der Umsetzung der herausragenden Ideen.
Wie sehr sich dies geändert hat, konnte ich jüngst auch bei Thyssenkrupp Steel persönlich erleben, die grünen, CO2-freien Stahl anstreben und sich in einer Radikalkur auf neue, zukunftsfähige Beine gestellt haben. Es tut sich was im deutschen Management – zum Wohl aller und allen Abgesängen auf unsere Wirtschaft zum Trotz.
Der Autor ist Unternehmer sowie Veränderungsexperte. Zuletzt erschien von ihm „Konsequenz! Management ohne Kompromisse – Führen mit Klarheit und Aufrichtigkeit“ (Ariston-Verlag).