Die Interessen der wenigen

Wie die Finanzbranche im Bundestag lobbyiert. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Viele Lobbyistinnen und Lobbyisten arbeiten gerne im Dunkeln. Das gilt insbesondere dann, wenn sie für Einzelinteressen von Unternehmen oder Verbänden werben. Und auch zahlreiche Politiker sind froh, dass nicht so viel nach außen dringt. Dies macht auch unser Bundeskanzler Olaf Scholz deutlich. Vom ehemaligen Finanzminister wird sogar schon das grundsätzliche Stattfinden von Lobbyterminen gehütet wie ein Staatsgeheimnis. Er hat Finanzwende die Auskunft über Treffen verweigert. Diese Geheimniskrämerei schadet dem Vertrauen in unsere Demokratie.
Mit dem neuen Lobbyregister des Bundestags wurde etwas mehr Transparenz geschaffen. Erstmals mussten viele Firmen und Verbände offenlegen, welches Budget sie für ihre Lobbyarbeit in Richtung Bundestag aufwenden. Es ist nun auch bekannt, wer für sie auf Klingeltour geht.
Wer tummelt sich also in den Top 100 Eintragungen mit den höchsten Budgets eigentlich so? Überraschenderweise ist es nicht die Automobil- oder Pharmalobby, sondern mit dem Sparkassenverband DSGV, der Deutschen Bank und Co. ist es die Finanzbranche, die herausragt.
Auch an der Spitze aller Budgets befindet sich mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft ein Akteur aus dem Finanzbereich. Fast 15 Millionen Euro gibt der Verband für seine Lobbyarbeit allein auf Bundesebene aus. Dies zeigt einmal mehr, wie ertragreich das Versicherungsgeschäft sein muss.
Ein weiteres Beispiel: Nur die Finanzsparte von VW hat ungefähr so viele Lobbyisten wie Finanzwende insgesamt Angestellte. Und unter den Namen den Interessensvertretern befinden sich Ex-Politiker wie der ehemalige DFB-Präsident und Ex-CDU-Abgeordnete Reinhard Grindel (Bausparkassen, Klarna) oder Ole von Beust (ehemaliger Bürgermeister von Hamburg), dessen Beratungsgesellschaft für die Schufa tätig ist. Es hat also nicht nur Sigmar Gabriel (Aufsichtsrat der Deutschen Bank) die Seiten gewechselt.
Es ist erfreulich, dass durch das Lobbyregister Unterschiede zwischen der Lobby der Zivilgesellschaft und der Finanzlobby deutlicher werden. Dadurch können wir Probleme erkennen, behoben sind sie dadurch aber längst nicht. Dafür braucht es mehr Gegenwind aus der Bevölkerung. Denn die Interessen der Wenigen dürfen nicht länger über den Interessen der Vielen stehen – gerade im Finanzbereich.
Der Autor ist Vorstand der überparteilichen Bürgerbewegung Finanzwende e.V.