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Liebe Ampelmänner, teilt die Macht!

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Von: Verena Bentele

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Ein Ampelmann und eine Ampelfrau.
Ein Ampelmann und eine Ampelfrau. © dpa

Frauen werden in der Politik oft übergangen. Es ist an der Zeit, dass sich das ändert. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.

Was hat Olaf Scholz gemeint, als er twitterte: „Frauen gehört die Hälfte der Macht“? Waren das nur Worte oder folgen daraus auch Posten?, frage ich mich, wenn ich mir das Geschachere um die politischen Führungsjobs anschaue: Olaf Scholz wird Kanzler, Robert Habeck und Christian Lindner halten sich für geeignet als Finanzminister. Dabei wurde das Ministerium noch nie von einer Frau auf Bundesebene geführt, genau wie das Innen- und Außenressort. Kein Wunder, dass es einen Aufschrei gab, als der SPD-Mann Rolf Mützenich als Bundestagspräsident gehandelt wurde. Dank dieses Aufschreis wurde es Bärbel Bas. Eine Frau, die nicht durch Selbstdarstellung auffällt, oder weil sie in jeder Talkshow sitzt, sondern durch hartnäckige Sachpolitik im Parlament.

Frauen haben noch immer keinen selbstverständlichen Anspruch auf Führungsämter. Stattdessen werden sie einfach übergangen. Dass die SPD in ihrem Zukunftsprogramm das Jahrzehnt der Gleichstellung ausruft – sei’s drum. Dass bei der FDP ohnehin nur Männer den Ton angeben - geschenkt. Und dass sogar bei den Grünen, die mit dem Doppelspitzenprinzip die Gleichberechtigung institutionell verankert haben, vor allem von Posten für Robert Habeck gesprochen wird und nicht für die Frau, die das beste Ergebnis erzielt hat, das die Grünen je hatten – offenbar kein Problem.

Im neuen Bundestag sind 35 Prozent der Abgeordneten Frauen. Auch da waren wir schon mal weiter – 2013 bis 2017 waren es 37 Prozent. 50 Prozent wurden noch nie erreicht. Sollten wir eine Regierung bekommen, in der die meisten Frauen nur in der zweiten und dritten Reihe stehen, bliebe das im Sondierungspapier gegebene Versprechen von Veränderung und Zukunft wieder einmal eine Worthülse. Liebe Ampelmänner: Die Zeiten haben sich geändert. Es ist keine Frage, ob es kompetente Frauen gibt. Sondern ob wir endlich Rahmenbedingungen bekommen, die Frauen nicht mehr ausbremsen.

Das funktioniert, wenn Männer sich nicht nur als Feministen bezeichnen, sondern es auch sind: Zum Beispiel indem sie nicht erst nach einem Aufschrei Macht teilen. Und indem auch sie gesellschaftsrelevante, bislang vor allem weibliche Aufgaben übernehmen: Sich um Kinder oder Haushalt kümmern. Vielleicht twittert Olaf Scholz dann bald mit voller Inbrunst: „Männern gehört die Hälfte der unbezahlten Haus- und Familienarbeit.“

Die Autorin ist Präsidentin des Sozialverbands VDK Deutschland.

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