Landgrabbing ist eine bodenlose Ungerechtigkeit

Warum wir Landgrabbing durch Investoren stoppen müssen. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Wem gehört der Acker? Immer häufiger nicht der Bäuerin oder dem Bauern von nebenan, sondern außerlandwirtschaftlichen Großkonzernen wie Aldi Nord, dem Pharmaunternehmen Merckle oder dem Versicherungskonzern Munich Re. Die haben Land als sichere und rentable Anlage entdeckt – vor allem in Ostdeutschland. Allein in Thüringen bewirtschaften Agrarholdings bereits 37 Prozent der gesamten Agrarflächen. Jüngstes Beispiel für Landgrabbing: Eine Beteiligungsfirma des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen hat sich in Brandenburg einen Milchviehbetrieb mit 2500 Hektar Fläche gesichert, weil sie den mitbietenden Landwirt um schlappe zwei Millionen Euro übertrumpfen konnte.
Viele Landwirt:innen können bei den rasant steigenden Bodenpreisen nicht mithalten, verlieren den Zugang zu Flächen und geben auf. Jeden Tag schließen zehn Betriebe für immer. Die Industrialisierung der Landwirtschaft schreitet voran, Jobs und damit Zukunftsperspektiven gehen verloren. Gewinne fließen ab – aus ländlichen Regionen hin zu Konzernzentralen. Fakt ist: Landgrabbing verstärkt die ungerechte Vermögensverteilung.
Was tun? Wer Landwirt:innen den Zugang zu Boden erleichtern will, kann Anteile an der Bio- boden-Genossenschaft erwerben. Sie sichert Boden für den Ökolandbau, indem sie Flächen und Betriebe kauft, diese selbst bewirtschaftet oder an Landwirt:innen verpachtet.
Solche Alternativen sind wichtig. Doch es reicht nicht aus, mit „gutem“ Geld das Acker-Monopoly mitzuspielen. Wir müssen die Spielregeln ändern. Es braucht stärkere Agrarstrukturgesetze in den Bundesländern, um den Ausverkauf an Investoren zu stoppen. Die EU darf nicht mehr nur nach Fläche subventionieren, sondern muss Kleinbäuerinnen und -bauern stärken. Dafür braucht es politischen Druck für eine Agrarwende. Organisationen wie Aktion Agrar oder Campact organisieren Protest, dem man sich anschließen kann.
Für gute und bezahlbare Lebensmittel, lebenswerte Regionen und eine klimafreundliche Landwirtschaft müssen wir uns der Land- und Machtkonzentration im Agrarbereich entgegenstemmen. Essen ist politisch. Kümmern wir uns drum.
Die Autorin ist Mitarbeiterin der Bewegungsstiftung. Die Gemeinschaftsstiftung wird von über 250 Stifter:innen getragen und fördert Protestbewegungen mit Geld und Beratung.