Krieg verstärkt den Hunger

Zu Recht fordern afrikanische Vereinigungen von Kleinbäuerinnen und -bauern Maßnahmen, um unabhängig von importiertem und teurem Kunstdünger und Pestiziden zu werden. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Politik und Medien nennen als wichtigste Hungerursachen meist kriegerische Konflikte und die Klimakrise. Beides spielt jedoch nur in einem Teil der Länder mit hohen Zahlen hungernder Menschen eine Rolle – und oft auch nur lokal.
Wie stark dieses Narrativ von den zwingend anzupackenden Ursachen ablenkt, zeigt sich im Kontext des Ukraine-Kriegs. Die Diskussion dreht sich stark um globale Handelsströme: Wenn wir in Europa mehr Weizen anbauen, dann hungern weniger Menschen in den Ländern, die von Importen aus der Ukraine und Russland abhängig sind – so der Tenor.
Doch dies würde bedeuten, arme Länder von einer Abhängigkeit in die nächste zu führen. Zumal mehr als zwei Drittel der Getreideernte hierzulande als Tierfutter dienen.
So unspektakulär es klingt: Bei der Hungerbekämpfung geht es zumeist um Strukturen. Strukturen, die hohe Abhängigkeiten schaffen und Armut verstärken. Zu Recht fordern afrikanische Vereinigungen von Kleinbäuerinnen und -bauern Maßnahmen, um unabhängig von importiertem und teurem Kunstdünger und Pestiziden zu werden. Sie fordern, die Betriebe beim Umstieg auf Kompostierung zu unterstützen und eine lokale organische Düngerproduktion anzukurbeln.
Zudem müssen mehr heimische Pflanzen angebaut werden, die erst gar nicht viel Dünger benötigen, etwa Hirse, Erdnüsse, Süßkartoffeln und Maniok. Deutschland muss solche Praktiken, welche die Unabhängigkeit und Widerstandsfähigkeit erhöhen, endlich strukturpolitisch unterstützen.
Um es klarzustellen: Kriege und Klimakrise sind schlimme Hungerverstärker. Seit sechs Jahren steigt die Zahl hungernder Menschen auf heute mehr als 800 Millionen – trotz guter Ernten und gefüllter Getreidespeicher. Kriege und Klimakrisen verschärfen die Situation, insbesondere von marginalisierten Bevölkerungsgruppen.
Ein zu einseitiger Blick verhindert echte und langfristige Lösungen. Im Kontext des Krieges in der Ukraine sollten wir daher nicht fragen „Wie kann der Westen die Welt ernähren?“. Im Sinne der Kleinbäuerinnen und -bauern in Afrika müssen wir fragen „Wie können sich arme Menschen weltweit selbst ernähren?“. So kommt man zu völlig anderen Antworten!
Der Autors ist Agrar-Referent der Menschenrechtsorganisation Fian Deutschland.