1. Startseite
  2. Wirtschaft
  3. Gastwirtschaft

Kein Zwang zu Atomkraft

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Rolf D. Häßler

Kommentare

Atomkraft zur nachhaltigen Technologien zu zählen, führt nicht automatisch zu ungewollten Investments. (Symbolbild)
Atomkraft zur nachhaltigen Technologien zu zählen, führt nicht automatisch zu ungewollten Investments. (Symbolbild) © Arne Dedert/dpa

Der Plan, die Kernenergie in die Reihe der nachhaltigen Technologien aufzunehmen, führt nicht automatisch zu ungewollten Investments. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.

Die Aufregung ist groß, seit Frankreich Anfang dieses Jahres die Initiative startete, Atomkraft in die Reihe der nachhaltigen Technologien aufzunehmen, die im Rahmen der Taxonomie nachhaltiger wirtschaftlicher Tätigkeiten definiert werden. Schnell war hier von Greenwashing die Rede – teilweise wurde die Sinn- und Ernsthaftigkeit des gesamten Vorhabens in Frage gestellt, erstmals eine rechtlich verbindliche, technische Definition von „Nachhaltigkeit“ zu schaffen. So richtig die Kritik an der Einstufung der Atomkraft als nachhaltig ist, so wichtig ist es, die Auswirkungen dieser Einordnung differenziert zu betrachten.

So ist es wenig zielführend, den Gesamterfolg der Taxonomie an einer Technologie festzumachen – selbst wenn diese eine hohe Symbolkraft hat. Hier haben Experten über mehrere Jahre einen sehr detaillierten Katalog von technischen Anforderungen für eine Vielzahl von wirtschaftlichen Tätigkeiten definiert – von der Herstellung von Zement und Wasserstoff bis zur Gestaltung von Immobilien und eben der Erzeugung von Energie. Damit wird für zahlreiche Industrien ein Entwicklungspfad vorgegeben, der sie in eine klimaverträgliche und ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft führt.

Dieser wichtige Fortschritt sollte wegen der Aufnahme der Atomkraft nicht komplett in Frage gestellt werden. Zudem enthält die Taxonomie mit der „Do no significant harm“-Regelung sowie den „Social Safeguard Standards“ selbst Korrekturmechanismen, die dazu führen müssen, dass Atomkraft zwar als klimaverträglich, aber nicht als umweltverträglich und als sozial verantwortlich eingestuft wird.

Zudem wird auch durch die Aufnahme der Atomkraft in die Taxonomie kein Investor gezwungen, in diese Technologie zu investieren. Derzeit gehört die Atomkraft zu den Top Zehn der am nachhaltigen Kapitalmarkt in Deutschland genutzten Ausschlusskriterien und alle rund 260 Nachhaltigkeitsfonds, die derzeit mit dem Qualitätssiegel des Forum Nachhaltige Geldanlage (FNG) ausgezeichnet sind, investieren nicht Atomkraft. Zudem haben sich auch zahlreiche Banken aus der Finanzierung von Atomkraftwerken zurückgezogen. Selbst wenn also Frankreich mit seiner Initiative Erfolg haben sollte, ist nicht davon auszugehen, dass es zu einer grundlegenden Neubewertung dieser Technologie am Kapitalmarkt kommt.

Der Autor ist Geschäftsführer des Instituts für Nachhaltige Kapitalanlagen (NKI).

Auch interessant

Kommentare