Kein Stückwerk!

Es braucht einen Masterplan fürs Gesundheitswesen. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Seit Jahren wird über große Mängel in den Krankenhäusern geklagt. Umso irritierender ist es, dass der Ampel-Koalitionsvertrag keine substanziellen Vorhaben zu ihrer Behebung enthält. Eine Aufzählung der wichtigsten Probleme.
Pflegenotstand: Die Zahl der Pflegekräfte hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren gemessen an den Behandlungsfällen verringert, während die der Ärzte um mehr als fünfzig Prozent gestiegen ist.
Überkapazitäten: Es gibt zu viele für die Versorgung nicht benötigte Krankenhausbetten und Kliniken.
Fehlversorgung: Die Kliniken behandeln zu viele Fälle, die ambulant versorgt werden könnten. Es gibt keine integrierte Bedarfsplanung der ambulanten und stationären Versorgung.
Investitionsstau: Die Länder haben die Fördermittel für Krankenhäuser in den vergangenen dreißig Jahren halbiert.
Fehlanreize: Die DRG-Fallpauschalen vergüten hochspezialisierte Leistungen besser als die Grundversorgung.
Die Krankenhäuser sind Opfer von allgemeinen Strukturproblemen unseres Gesundheitswesens. Diese können nicht einzeln für sich beseitigt werden, sondern nur durch ein übergreifendes Reformkonzept. Es bringt nichts, Kliniken zu schließen und Bettenkapazitäten abzubauen, wenn nicht zugleich die ambulante Versorgung flächendeckend sichergestellt und die Bedarfsplanung für die gesundheitliche Versorgung insgesamt neu geordnet wird. Erst auf Basis eines gesundheitspolitischen Masterplans mit koordinierten Reformzielen macht es Sinn, die Finanzierung der Krankenhäuser zu reformieren und die Vergütungen medizinischer Leistungen bedarfsgerecht zu kalkulieren, auch in der ambulanten ärztlichen Versorgung.
Ein solches umfassendes Reformprojekt ist eine Mammutaufgabe, die politischen Mut und einen langen Atem braucht. Mit einem großen Schlag wird man es nicht umsetzen können. Es kann auch nur gelingen, wenn es vom Bund und den Ländern gemeinsam angepackt wird. Das Gesundheitswesen taugt nicht für Parteipolitik und persönliche Profilierungen, wie die Corona-Pandemie deutlich gezeigt hat. Wenn das nicht endlich begriffen wird, werden wir noch lange auf Reformen des Gesundheitswesens warten müssen, die kein kurzatmiges Stückwerk sind.
Der Autor ist Ökonom und
Publizist. Er war Referatsleiter
im brandenburgischen Gesundheitsministerium.