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Karriere: Widerstände als Teil des Lebens

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Von: Boris Grundl

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Nicht verzagen, wenn das Ziel nach einer anstrengenden Phase nicht erreicht wird. (Symbolfoto)
Auch Müdigkeit und verminderte Leistungsfähigkeit können Signale für Jodmangel sein. (Symbolfoto) © Imago

Es gibt kein Land, in dem Milch und Honig fließen. Hindernisse muss man akzeptieren. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.

Oft werde ich gefragt, wann ich „es geschafft“ hatte? Journalisten wollen wissen, wann ich mich mit meiner schweren Behinderung versöhnt habe. Kollegen recherchieren, an welchem Zeitpunkt ich als Führungsexperte bekannt wurde. Und Seminarteilnehmer fragen, wann ich finanziell unabhängig wurde. Diese Fragen erstaunen mich immer wieder.

Viele Menschen erwarten offenbar einen Punkt im Leben, an dem alles einfacher wird. Wo alles rund läuft und sich Probleme von selbst lösen. Diese Vorstellung ist tief verwurzelt. Im Marketing oder in Changeprojekten wird diese Sehnsucht bewusst eingesetzt: „Wenn du jenes Produkt kaufst, wird alles besser.“ Oder: „Folge dieser Methode und der Durchbruch gelingt.“

In unserem Institut nennen wir diese Haltung die Hannibal-Lüge. Jeder kennt die Geschichte von der Alpenüberquerung mit fast 40 Elefanten. Legendär soll Hannibals Motivation gewesen sein. Er versprach den Soldaten für die unmenschlichen Strapazen den Sieg und ein Leben im Überfluss – ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Am Ende kam es anders: Von rund 40 000 Soldaten sollen es nur 25 000 lebend über das Gebirge schaffen. Und die Römer siegten über Karthago.

Das Versprechen, dass nach einer Anstrengung alles besser wird, ist auch heute noch weit verbreitet. Viele Menschen glauben daran und sind am Ende enttäuscht. Sie werfen der Führung Manipulation vor. Dabei gelingt Manipulation nur, wenn jemand sich auch manipulieren lässt…

Lösen lässt sich das Dilemma, indem Menschen eine bittere Wahrheit anerkennen: Das Leben besteht aus Herausforderungen. Von der Geburt bis zum Tod geht es darum, geistige Engpässe zu überwinden und mental zu wachsen. Dafür müssen wir lernen, besser mit Schwierigkeiten umzugehen – statt weniger Widerstände zu erwarten. Wer weiterkommen will, räumt mit der Hannibal-Lüge auf. Es gibt keinen Gipfel, keinen Wendepunkt des Erfolgs, kein „geschafft“ – es gibt nur sich ständig entwickelnde mentale Fähigkeiten im Umgang mit Hindernissen.

Wer das versteht, ist dem Wettbewerb voraus. Er steht morgens auf und stellt sich den Widrigkeiten. Er hat Spaß am Überwinden, wird immer besser darin und hilft anderen, diese mentalen Fähigkeiten zu erlernen. Denn wer einmal durch die Schluchten des Ozeans gelaufen ist, für den sind Pfützen nicht mehr so tief.

Der Autor ist Führungskräfte-entwickler mit eigener Akademie und Vortragsredner.

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