1. Startseite
  2. Wirtschaft
  3. Gastwirtschaft

Jenseits der Grenzen

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Mona Schnell

Kommentare

Nicht jeder Vorgesetzte möchte hören, wenn seine Mitarbeitenden anderer Meinung sind oder Idee für Verbesserungen haben. Das birgt die Gefahr stagnierender Innovation im Unternehmen.
Nicht jeder Vorgesetzte möchte hören, wenn seine Mitarbeitenden anderer Meinung sind oder Idee für Verbesserungen haben. Das birgt die Gefahr stagnierender Innovation im Unternehmen. © Design Pics/Imago

Wenn Menschen aus Angst vor Gegenwind sich nicht trauen, neue Ideen einzubringen, treten wir als Gesellschaft auf der Stelle. Geschieht das in Unternehmen, stirbt die Chance auf dauerhaften Erfolg. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.

Innovation und Wachstum entstehen durch Freiheit – da sind wir uns wahrscheinlich einig. Würden wir uns in der Entwicklung von Produkten immer nur innerhalb festgesteckter Grenzen bewegen, gäbe es keinen Fortschritt. Wie aber sieht es mit der Kommunikation aus? Müssen wir auch hier immer wieder Grenzen überschreiten, um etwas in Bewegung zu setzen? Vermutlich ja.

Wem jetzt Overton-Fenster, Stammtischparolen und Entgleisungen von Politiker:innen in den Sinn kommen, der hat zwar recht. Wenn Menschen sich aber aus Angst vor Gegenwind nicht trauen, neue Ideen einzubringen, treten wir als Gesellschaft auf der Stelle. Geschieht das in Unternehmen, stirbt die Chance auf dauerhaften Erfolg.

Wir mögen die scheinbar ewig währende Debatte über das Gendern leid sein. Aber egal, wie wir persönlich dazu stehen, sie ist wichtig, weil sie Bewegung in die Sprache und damit in unsere Gesellschaft bringt. Ebenso wie viele weitere „lästige“ Themen. Was im öffentlichen Diskurs Klimakleber oder die Grenzen von Kunst und Satire, sind im Unternehmen das Verhalten von Führungskräften gegenüber Mitarbeitenden oder Mobbing unter Kollegen.

Jede Auseinandersetzung funktioniert aber nur dann, wenn mindestens zwei Seiten sich austauschen, die nicht dieselbe Meinung vertreten. Gesellschaftlich wissen wir bereits lange, was es bedeutet, wenn Gespräche nur noch einseitig geführt werden und jeder Widerstand, der sich regt, im Keim erstickt wird. Aus unternehmerischer Sicht bedeutet das Unterdrücken anderer Ansichten und Aussagen stets Stillstand – dieser Stillstand heißt dann häufig: Pleite.

Sollten wir also alles raushauen, was uns gerade in den Sinn kommt? Sicher nicht. Es kann, unabhängig vom Kontext, nicht schaden, wenn wir unsere Gedanken öfter mal hinterfragen, bevor wir ihnen Worte verleihen. Sollten wir deshalb vieles, was wir gerne aussprechen würden, zurückhalten? Auf keinen Fall. Wir können es ohnehin nie allen recht sagen. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, uns eine Meinung zu bilden und sie kundzutun.

Freiheit ist eben nicht nur die Freiheit des Andersdenkenden – wie Rosa Luxemburg zitiert wird. Sie ist vor allem auch die Freiheit der Anderssprechenden. Nur wenn wir uns auch dieses Privileg nehmen, sorgt das für Veränderung, echte Innovation und Wachstum.

Die Autorin schreibt Bücher und textet für Expertinnen und Künstler .

Auch interessant

Kommentare