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Gas ist nicht sexy!

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Von: Imke Dierßen

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Gasflamme eines Gasherdes
Dass Erdgas eine klimafreundliche Brückentechnologie ist, ist ein Märchen, in die Welt gesetzt von Lobbyisten. © Imago

Wenn die Ampel-Koalition es mit der Energiewende wirklich ernst meint, muss sie endlich größtmöglichen Abstand zur Klimabremser-Lobby einnehmen.

Die Gaslobby hat mächtige Pipelines in die Politik und nimmt erheblichen Einfluss auf Klima- und Energiepolitik – zulasten des Gemeinwohls. Sie jubelte, als Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im Jahr 2019 verkündete: „Gas ist sexy!“ Ihr jahrelanger Lobbyismus war erfolgreich. Die Bundesregierung hatte das umweltschädliche Erdgas als angeblich wichtigen Teil der Energiewende anerkannt.

Und auch drei Jahres später genießt die fossile Gasindustrie trotz klarer Mitverantwortung an Krieg und Krise weiter exklusive Zugänge in die Politik.

Ein paar Beispiele: Ein Abteilungsleiter aus dem FDP-geführten Verkehrsministerium sitzt zugleich im Beratungsgremium des einflussreichen PR-Verbands der Gasindustrie „Zukunft Gas“. Hauptgeschäftsführerin des größten deutschen Energieverbands BDEW ist eine ehemalige Abgeordnete der Grünen. In den ersten Monaten der Ampelregierung gab es durchschnittlich ein Treffen pro Tag zwischen Gaskonzernen und der Bundesregierung. Und das Thema war Chefsache: Besonders viele Treffen fanden mit Jörg Kukies (SPD) statt, dem Staatssekretär und Vertrauten von Bundeskanzler Olaf Scholz.

Um ihr fossiles Geschäftsmodell noch über Jahrzehnte erhalten zu können, setzt die Gaslobby auch strategisch Erzählungen ein, die von PR-Profis erarbeitet werden. Dazu gehört zum Beispiel, zusätzliches Gas als „Brückentechnologie“ für die Energiewende zu verankern, statt etwa als Auslauftechnologie.

Soeben erst hat die Gasindustrie unter Zuhilfenahme solcher Erzählungen einen gewaltigen Lobbyerfolg errungen: Sie hat durchgesetzt, dass entgegen den ursprünglichen Plänen der Bundesregierung zur Wärmewende Gasheizungen weiter eingebaut werden dürfen, wenn sie „wasserstoff-ready“ sind – also angeblich auch mit Wasserstoff betrieben werden können.

Das ganze ist eine Wette auf die Zukunft auf Kosten der Verbraucher:innen. Grüner Wasserstoff wird nicht nur rar bleiben, sondern auch sehr teuer.

Eine fossile Industrie sichert sich in der Klimakrise Milliarden-Erträge auf Kosten des Gemeinwohls. Wenn die Ampel-Koalition es mit der Energiewende wirklich ernst meint, muss sie endlich größtmöglichen Abstand zur Klimabremser-Lobby einnehmen. Nebenjobs in der fossilen Industrie oder Seitenwechsel in Lobbyjobs sollten ein Tabu sein.

Die Autorin ist Geschäftsführerin der Transparenz-Initiative Lobby-Control.

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