Fischen im großen Pool

Remote Work hilft bei der Suche nach Personal. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Der Fachkräftemangel ist real. Nicht nur im Digitalbereich, wie das Institut der deutschen Wirtschaft aktuell noch einmal gewarnt hat. Das muss ich hier nicht weiter ausführen. Die meisten werden es schon selbst zu spüren bekommen haben. Den Unternehmen fehlen qualifizierte Arbeitskräfte, um unternehmerisch zu wachsen. Im schlimmsten Fall sogar, um ihre Geschäfte aufrechtzuerhalten. Die Auftragsbücher von Headhuntern füllen sich, aber auch die Unternehmenslenker selbst versuchen, ihr Recruiting zu modernisieren, Angestellte mit Incentives ans Unternehmen zu binden und ihre Attraktivität für Bewerber:innen durch Employer Branding und Co zu erhöhen. Einige eröffnen sogar neue Standorte in anderen Städten, um aus einem größeren Bewerberpool zu schöpfen.
Genau dieses Vorgehen zeigt aber, wie sehr wir in Deutschland noch immer in lokalem Denken verhaftet sind. Die Gretchenfrage ist nicht: „Welche Stellenanzeige oder welcher Headhunter bringt mir die passenden Personen in meinen Umkreis?“, sondern: „Wie kann ich die Struktur und Kultur in meinem Unternehmen so verändern, dass sich mein Talentpool exponentiell vergrößert?“
Einige haben die ersten Schritte in die richtige Richtung bereits gemacht. Corona hat die Offenheit gegenüber remoter Arbeit gefördert. In vielen Unternehmen werden aktuell hybride Arbeitsmodelle etabliert – mit einer Mischung aus festen Bürotagen und Homeoffice. Für die meisten allerdings noch undenkbar: eine hundertprozentige Remote-Kultur. Dabei liegt genau hier die Chance, sich enorme Vorteile auf dem Arbeitnehmermarkt zu sichern. Gemeinsame Präsenztage sind nett, müssen deshalb aber noch lange nicht für jeden und für alle Stellen gelten. Wenn Mitarbeiter:innen für die Verwaltung, die IT, das Marketing, den Vertrieb und für viele andere Bereiche, in denen das möglich ist, komplett virtuell arbeiten können, hat der Pool zum Fischen auf einmal mindestens die Ausmaße Deutschlands. Und für noch ganz andere Talente, die dem Arbeitsmarkt bisher verloren gehen, sind diese Jobs plötzlich spannend: hochqualifizierte und engagierte Einzelunternehmer, die am Unternehmertum eigentlich gar nicht interessiert sind, für die die Selbstständigkeit aber bisher der einzige Weg ist, wirklich ortsunabhängig zu arbeiten.
Die Autorin arbeitet seit einem Jahrzehnt remote und berät Unternehmen, wie sie den für sie perfekten Mix aus Büro und mobiler Arbeit etablieren.