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Der Staat muss unser Vermögen schützen

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Von: Rainer Voss

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Anno 2008: Die damalige Kanzlerin Merkel und ihr Wirtschaftsminister Steinbrück geben während der Bankenkrise den Deutschen das Versprechen, dass ihr Erspartes sicher sei. Damals hieß es: Nie wieder Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren! Was ist daraus geworden?
Anno 2008: Die damalige Kanzlerin Merkel und ihr Wirtschaftsminister Steinbrück geben während der Bankenkrise den Deutschen das Versprechen, dass ihr Erspartes sicher sei. Damals hieß es: Nie wieder Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren! Was ist daraus geworden? © Rainer Jensen/dpa

Wenn für Teile unserer Wirtschaft de facto eine Insolvenzversicherung zu Lasten des Steuerzahlers besteht, hat der Staat die Pflicht, stärker einzugreifen. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.

Das Mantra des Jahres 2008 klingt uns noch in den Ohren: Wir müssen jetzt die Banken retten, weil die systemrelevant sind; aber in Zukunft werden nie wieder Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert! Seitdem liegt der Finanzsektor im Sauerstoffzelt und genießt die Druckbeatmung durch die Zentralbanken. Das Risiko, dass vom Bankensektor ausging, schien eingehegt.

Doch das Spielfeld hat sich nur verlagert. Anfang März schrieb die Vereinigung der Energiehändler einen Brandbrief an die führenden Zentralbanken und bat um eine Notfallliquiditätshilfe. Was war passiert? Der Preis für Nickel war innerhalb von 48 Stunden um 250 Prozent gestiegen und hatte damit einen großen chinesischen Spekulanten auf dem falschen Fuß erwischt, so dass er seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Börsen nicht mehr nachkommen konnte. Nun ging die Angst um, diese Turbulenzen könnten auf den Energiemarkt überschwappen, zum Rückzug großer Handelshäuser und damit erratischen Preisschwankungen führen.

Plötzlich begriff man, dass man es nicht mehr, wie 2008, mit der Möglichkeit des Kollapses einiger Kreditinstitute zu tun hatte, sondern die Funktionsfähigkeit des Markets als Ganzes auf dem Spiel stand.

Aus dieser Erkenntnis leitet sich eine eher moralische denn finanztechnische Frage ab: Ist es die Aufgabe von Zentralbanken – und damit indirekt Staaten –, quasi nach dem Motto „Die Flut hebt alle Boote“ zu agieren, Märkte mit Geld zu überhäufen und die Spekulanten zu retten, wenn mal etwas schiefgeht? Oder vertraut man auf die immer beschworenen Selbstheilungskräfte der Märkte?

Systemrelevanz war ein Thema im Jahr 2008. Jetzt erkennen wir plötzlich, dass diese Systemrelevanz weit über den Finanzsektor hinausgeht. Können etwa unsere großen Lebensmitteleinzelhändler pleitegehen? Was ist mit Energieversorgern? Was mit den Autokonzernen?

Wir sind hier an einem Punkt, an dem sich diejenigen, die immer nach dem Markt als regelndes Element rufen, ehrlich machen sollten: Ein Markt ohne das Risiko von Verlust ist kein solcher! Und wenn denn für Teile unserer Wirtschaft de facto eine prämienlose Insolvenzversicherung zu Lasten des Steuerzahlers besteht, hat der Staat das Recht, ja die Pflicht, stärker in die Wirtschaftsabläufe einzugreifen um das Vermögen seiner Bürger zu schützen.

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