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Der Staat hat genug Geld

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Von: Andreas Bangemann

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Für die Drei sind weniger Ausgaben gute Nachrichten: Bundesfinanzminister Christian Lindner, Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck (v.l.n.r.).
Für die Drei sind weniger Ausgaben gute Nachrichten: Bundesfinanzminister Christian Lindner, Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck (v.l.n.r.). © afp

Sparen ist der falsche Weg für ein Land, meinen einige Fachleute. Sie sehen für staatliche Ausgaben keine Abhängigkeit von den Einnahmen. Die Kolumne.

Es besteht kein Zweifel: Viele private Haushalte und Unternehmen sind von finanzieller Knappheit geplagt. Bei ihnen geht mehr Geld raus, als hereinkommt. Deshalb müssen Ausgaben sorgfältig geplant werden, damit sie aus Einnahmen bezahlt werden können. Die „Schwäbische Hausfrau“ steht symbolisch für diese Sparsamkeit und wohlüberlegte Finanzplanung. Um Defizite überbrücken oder Investitionen tätigen zu können, braucht es Kreditwürdigkeit.

US-Wirtschaftswissenschaftlerin Stephanie Kelton argumentiert hingegen, dass dies für den Staat nicht gelte. Sie spricht vom „Defizit-Mythos“ und erklärt, dass Nationen mit einem souveränen Währungssystem niemals das Geld ausgehen könne, da sie Emittenten und nicht bloße Nutzer der Währung seien.

Betrachtet man die Staatsausgaben seit der Bankenrettung im Jahre 2008, untermauert das diese These. Aktuell stehen hunderte von Milliarden Euro Staatsgelder bereit; für die Bundeswehr und zur Linderung von finanziellen Nachteilen, die sich aus der Inflation und der Energiekrise ergeben. Der Staat scheint in solchen Fällen über eine Art „Goldesel“ zu verfügen.

Der Finanzierungsvorbehalt ist außer Kraft gesetzt. Mit der Folge, dass Begehrlichkeiten geweckt werden. Das Geld fehlt überall: für Bildung, die Armutsbekämpfung, für den Erhalt der Umwelt, die Klimarettung und vieles mehr. Um diese Erwartungen im Zaum zu halten, wechselt das Finanzministerium in die Rhetorik der schwäbischen Hausfrau und blockiert diese Wünsche mit dem Hinweis auf leere Kassen.

Der Expertenkreis um Stephanie Kelton und den Deutschen Dirk Ehnts will das ändern. Sie sehen für staatliche Ausgaben keine Abhängigkeit von Einnahmen. Der Fokus müsse auf sinnvoller und zweckorientierter Wirtschaftspolitik liegen. Auf der Einnahmenseite spiele weniger deren Höhe eine Rolle als vielmehr die dadurch erzeugten Effekte. Es sei eine nicht aus dem Blick zu verlierende Aufgabe, bei den Ausgaben die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft zu berücksichtigen und so die Inflation einzudämmen. Über die Einnahmen ließe sich ausgleichend wirken und die Gemeinschaft stärken.

Dies würde ein zeitgemäßes Verständnis der Rolle des Staates in Wirtschaftsfragen ermöglichen und könnte konstruktiv für die dringend benötigte Transformation auf allen gesellschaftlichen Ebenen genutzt werden.

Der Autor ist Chefredakteur der Zeitschrift „Humane Wirtschaft“.

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