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Menschenrechte
Brutal gebrochen
- vonCornelia Füllkrug-Weitzelschließen
Die Krise zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, den Kampf gegen Armut und Ausgrenzung konsequent an den Menschenrechten auszurichten.
Viel wurde in den vergangenen Monaten über die Freiheitseinschränkungen und möglichen Grundrechtseingriffe im Zuge der Corona-Bekämpfung diskutiert. Gewiss eine wichtige Diskussion. Dadurch sollten freilich die dramatischen Auswirkungen der Pandemie auf die Menschenrechte in den Ländern des Globalen Süden nicht aus dem Blick geraten. Das sind zuallererst die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte, allen voran das Recht auf angemessene Nahrung und Zugang zu Wasser. Das Recht auf ein Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit. Das Recht auf Arbeit und angemessene Entlohnung.
Diese sozialen Menschenrechte werden in vielen Ländern zurzeit brutal gebrochen: Die UN schätzen, dass zwischen 110 und 150 Millionen Menschen weltweit in Folge der Pandemie in extreme Armut zurückfallen könnten. Laut Weltbank wird die Wirtschaftsleistung der Entwicklungs- und Schwellenländer um 2,5 Prozent schrumpfen – erstmals seit mindestens 60 Jahren. Zudem wird sich die Zahl der akut Hungernden auf 265 Millionen verdoppeln. Und es sind gerade diese Ärmsten der Welt, die auch den Preis für die kaputt gesparten Gesundheitssysteme bezahlen.
Aber auch die bürgerlich-politischen Rechte sind in vielen Ländern des Globalen Südens von dramatischen Einschränkungen betroffen – oft weit über jedwede Verhältnismäßigkeit hinaus. Unter dem Deckmantel der Pandemiebekämpfung gehen einige Regierungen massiv gegen Kritiker:innen und Oppositionelle vor. In Kambodscha wurde ein weitreichendes Notstandsgesetz erlassen, das Kritik an der Krisenbewältigung der Regierung unter hohe Strafe stellt. In Simbabwe wurde ein bekannter Investigativ-Journalist verhaftet, der einen Korruptionsskandal bei der Beschaffung von Schutzkleidung für Krankenhäuser aufdeckte. In Angola oder auf den Philippinen wird der Lockdown mit drastischer Polizeigewalt durchgesetzt. In Kolumbien wurden seit Jahresbeginn über 200 Menschenrechtsverteidiger ermordet.
Die Krise zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, den Kampf gegen Armut und Ausgrenzung konsequent an den Menschenrechten auszurichten. Dazu müssen zuerst Menschen in besonders verletzlichen Lebenslagen in den Fokus genommen werden: Frauen, Kinder, Indigene, Geflüchtete und Staatenlose genauso wie Menschenrechtsaktivisten.
Die Autorin ist Präsidentin des Hilfswerkes Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe.