Berliner Experimente

Eine wichtige Lektion aus der Berlin-Wahl: Auch gescheiterte Versuche für eine bessere Zukunft können lehrreich sein. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Berlin hat (wieder) gewählt. Der Erfolg der CDU wirkt wie ein Rückschlag für viele angestoßene Projekte und Experimente in der Hauptstadt, wie die autofreie Friedrichstraße. Und sie ist ein Warnsignal für die GreenTech-Bewegung in Deutschland generell. Denn im Vorfeld der Wahl konzentrierte sich die CDU stark auf Themen wie Kriminalität und Wohnungsbau, während die Grünen den Klimawandel zu einem zentralen Bestandteil ihres Programms machten.
Das bedeutet, dass während viele Berlinerinnen und Berliner eindeutig die Notwendigkeit sehen, Umweltbelangen Vorrang einzuräumen, es immer noch viele andere gibt, die der Meinung sind, dass diese Themen nicht so dringlich sind wie Sicherheit und bezahlbarer Wohnraum. Das Ergebnis löst daher selbstverständlich auch Diskussionen über die Gestaltung der Zukunft Berlins und Deutschlands aus.
Wie in keiner anderen Stadt, fanden in Berlin Experimente statt, die den Grundstein legen konnten für kommende Alternativen in einer viel zu vollen, lauten und für viele Menschen kaum erlaufbaren Stadt – ob autofreie Friedrichstraße oder Mobilitätskonzepte außerhalb des Autoverkehrs. Sie mögen teils umstritten sein, scheitern oder sogar manche zur Aussage eines „Failed States“ verleiten. Aber eins muss man ihnen lassen: Berlin – und natürlich auch noch andere Städte – probieren, wo andere stagnieren.
Ist das aktuelle Wahlergebnis eine Absage an Experimente, die nicht immer die erhofften Ergebnisse bringen? Tatsächlich zeigt sie eher, dass es bisher nicht gelungen ist, allen die Vorteile dieser Testläufe zu vermitteln, selbst wenn sie scheitern. Der Übergang zu einer nachhaltigeren Zukunft geschieht schließlich nicht über Nacht. Die Wissenslücke zu schließen, dass grüne Technologien nicht nur die Umwelt schützen, sondern auch Arbeitsplätze schaffen, die Lebensqualität aller verbessern und das Wirtschaftswachstum ankurbeln, ist eine große Herausforderung, die die gesamte Politik betrifft. Das bedeutet aber auch für GreenTech-Unternehmer:innen, sicherzustellen, dass alle Teile der Gesellschaft von den Vorteilen ihrer grünen Technologien profitieren, damit niemand beim Übergang zu einer nachhaltigeren Zukunft zurückbleibt. Unabhängig von seiner oder ihrer politischen Zugehörigkeit.
Die Autorin ist Philosophin, Geschäftsführerin eines Tech-Unternehmens und Host eines Podcast zu digitaler Gerechtigkeit.