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Beharrlich bleiben

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Von: Hartmut Reiners

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Der beklagenswerte Zustand vieler Krankenhäuser hat mehrere Gründe (Symbolbild).
Der beklagenswerte Zustand vieler Krankenhäuser hat mehrere Gründe (Symbolbild). © Friso Gentsch/dpa

Die Regierung hat eine Krankenhausreform angekündigt. Nötig ist die allemal. Doch das gesamte Gesundheitssystem braucht eine langfristige Neuordnung. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.

In der ersten Woche des neuen Jahres verabredeten die Gesundheitsminister des Bundes und der Länder, bis zum Sommer ein gemeinsames Konzept zur Reform der Krankenhäuser zu erstellen. Karl Lauterbach kündigt eine „Revolution“ durch ein neues Vergütungssystem und eine am regionalen Bedarf orientierte Aufgabenteilung unter den Kliniken an.

Eine von ihm eingesetzte Expertenkommission hat hierzu sinnvolle Vorschläge gemacht, deren Umsetzung aber nicht von heute auf morgen realisiert werden kann. Es ist ein langfristig angelegtes, nur schrittweise zu realisierendes Projekt, das viel politisches Stehvermögen erfordert.

Der beklagenswerte Zustand vieler Krankenhäuser hat mehrere Gründe. Einer ist die Belegung von Krankenhausbetten mit Fällen, die genauso ambulant behandelt werden könnten. Dafür haben Fehlanreize in den Vergütungssystemen und die strikte Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung gesorgt. Hinzu kommt ein enormer Investitionsstau, weil die Länder ihren Verpflichtungen in der Krankenhausfinanzierung nicht nachkommen und ihre Fördermittel in den vergangenen zwanzig Jahren halbiert haben.

Es geht nicht nur um eine Neuordnung der Krankenhausplanung und -finanzierung, sondern auch um eine regional abgestimmte Zusammenarbeit von Krankenhäusern und Arztpraxen. Sie steht im Konflikt mit dem seit 1914 bestehenden Behandlungsmonopol der Vertragsärztinnen und -ärzte in der ambulanten Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten. Für integrierte Versorgungsformen müssen regional differenzierte Lösungen gefunden werden, in die die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen eingebunden sind. Der Gesundheits-Sachverständigenrat hat dazu 2018 in einem Gutachten praktikable Ideen entwickelt.

Kurzum, es geht nicht nur um eine Krankenhausreform, sondern um eine Neuordnung der gesamten medizinischen Versorgung. Das ist eine „Mammutaufgabe“, wie Daniela Behrens, die bisherige Gesundheitsministerin Niedersachsens, zu Recht feststellte. Man kann nur hoffen, dass dieses Projekt nicht, wie schon so manche Reform im Gesundheitswesen, von einer Abwehrkoalition aus Sonderinteressen zerschossen wird. Der frühere Sozialminister Norbert Blüm bezeichnete die Gesundheitspolitik aus leidvoller Erfahrung als „Schwimmgymnastik im Haifischbecken“.

Der Autor ist Ökonom und Publizist. Er war Referatsleiter im brandenburgischen Gesundheitsministerium.

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