Bargeld bleibt!

Über die Freiheit, mit Scheinen zu zahlen.
Die Pandemie verändert das Zahlungsverhalten. Statt Bargeld werden verstärkt Karten und Apps genutzt. In vielen Ländern war dieser Trend bereits vor den Zeiten von Corona unaufhaltbar. Studien zu Gesundheitsgefahren forcieren die Entwicklung zusätzlich. Deren Credo lautet: Keime und Viren gehen zusammen mit den Geldscheinen von Hand zu Hand.
Die gesetzlich verpflichtende Bereitstellung von Bargeld kostet deutsche Banken rund sechs Milliarden Euro pro Jahr. Kosten, die nicht direkt auf Verbraucher umgelegt werden können. Im Gegensatz zu unbaren Zahlungsabwicklungen, bei denen Banken und privatrechtliche Unternehmen als Zahlungsdienstleister zwischengeschaltet sind. Mit elektronischen „Pay“-Lösungen machen sie bei jeder Transaktion ihren Schnitt. Ein Milliardengeschäft! Die Freiheit beim Bezahlen mit Scheinen und Münzen bezieht sich auch auf die Unabhängigkeit von Dritten, wie zum Beispiel von privaten Finanzdienstleistern. Hinsichtlich Bereitstellung und Verfügbarmachung von Barem hat die Zentralbank einen gesetzlichen Auftrag.
Einmal angenommen, alle Zahlungen würden nur noch unbar durchgeführt, dann bliebe Bargeld trotzdem das einzige gesetzliche Zahlungsmittel, das unter Annahmezwang stünde. Es müsste weiter vorgehalten werden, außer die Europäische Zentralbank würde für ein rein elektronisches Zentralbankgeld sorgen, das an die Stelle von Münzen und Scheinen träte. Forschungen dazu sind bei nahezu allen Zentralbanken der Welt im Gange. Dabei steht nicht weniger auf dem Spiel als der Erhalt von Stabilität der Währung und damit verbunden das Vertrauen der Menschen in das Geld.
Für den Online-Einkauf ist man bisher gezwungen, auf Finanzdienstleistungen zurückzugreifen. Ein E-Euro, der wie Bargeld funktionierte, würde diesen Markt grundlegend verändern.
Meine Prognose lautet: Bargeld wird nicht abgeschafft. Das Volumen der ausgegebenen Banknoten von europaweit derzeit rund 1,3 Billionen Euro wird allein durch die Nachfrage bestimmt. Ungefähr 85 Prozent der heute „in Umlauf“ befindlichen Euroscheine liegen unter Matratzen und in Tresoren oder werden zu Zwecken eingesetzt, die Zentralbanken weder messen noch wahrnehmen können. Diese Euro sind also gleichzeitig da und doch nicht da. Zentralbankgeld erdet das gesamte Finanzsystem, selbst wenn kein Schein mehr über Ladentheken wandert.
Der Autor ist Redakteur der Zeitschrift „Humane Wirtschaft“.