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Achtung, Mimosen!

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Von: Boris Grundl

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Nicht jede und jeder kann mit Kritik gut umgehen.
Nicht jede und jeder kann mit Kritik gut umgehen. © Imago

Damit Kritik gut ankommt, braucht es jemanden, der sie konstruktiv und respektvoll äußert – und jemanden, der die Stärke besitzt, sie anzunehmen. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.

Ich kann gut mit negativer Kritik umgehen.“ Es gibt kaum eine Aussage, bei der Wunsch und Realität mehr auseinanderklaffen. Viele glauben, dass sie hier fit sind, weil es sozial erwünscht ist. In Wahrheit tun sich Menschen mit Negativ-Feedback extrem schwer. Sie leiden, nehmen Einwände persönlich und wünschen sich nichts mehr als Bestätigung. Manche haben den Umgang so sehr verlernt, dass die Kommunikation völlig aus dem Ruder läuft.

So manch schwacher Geist ignoriert den kritischen Inhalt und stürzt sich vollends auf die Art der Vermittlung. Entweder stellt er den Zeitpunkt infrage oder moniert die mangelnde Wertschätzung. Er greift den Boten an, damit er sich nicht mit der Botschaft beschäftigen muss. Diesen Personen fehlt mentale Stärke. Sie gehen Schmerzen aus dem Weg. Dabei wissen wir längst: Je mehr mentale Leiden wir transformieren, desto weiter entwickelt sich unsere Persönlichkeit.

Warum wir unseren Umgang mit Kritik so falsch einschätzen, liegt an einer verzerrten Wahrnehmung. Wir haben das in unserem Institut durch den Verantwortungsindex wissenschaftlich gemessen. Denn alles beginnt dort. Menschen nehmen die Verantwortung anderer um ein Drittel besser wahr als ihre eigene. Das Gleiche gilt bei Fehlern und Verstößen. Am Ende verfallen wir der Überlegenheitsillusion und nehmen uns selbst als besser wahr, als wir sind.

Natürlich trägt auch der Sender dazu bei, dass Rückmeldung gut ankommt. Formuliert eine Teamleiterin ihr Urteil aus dem inneren Wunsch heraus, das Beste aus der Fachkraft heraus zu holen, macht sie alles richtig. Wenn jemand hingegen einen Kollegen in der Luft zerreißt, darf man sich nicht über dessen Trotzreaktion wundern. Nach 23 Jahren Erfahrung in der Transformation von Firmenkulturen kann ich sagen: Nur ein Drittel der Verantwortung liegt an der Qualität des Senders, zwei Drittel bilden die erlernte Mimosenhaftigkeit der Rezipienten.

Damit Kritik gut ankommt, braucht es jemanden, der sie konstruktiv und respektvoll äußert – und jemanden, der die Stärke besitzt, sie anzunehmen. Nur wer Kritik als Chance und nicht als persönlichen Angriff versteht, kann wachsen. Mein Wunsch an Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeiter: Bitte sortieren Sie diesen Unterschied in Ihren Teams – und hören sie nach einem Gespräch nicht damit auf.

Der Autor ist Führungskräfteentwickler mit eigener Akademie und Vortragsredner.

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