4000 Liter virtuelles Wasser

So viel verbraucht eine Mensch in Deutschland pro Tag. Deshalb müssen wir unsere Importe überdenken. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ohne die zwei oder drei Tassen Kaffee am Morgen komme ich nicht in Schwung. Die wenigsten von uns machen sich dabei bewusst, dass sie mit diesem morgendlichen Koffeinkick bereits 400 Liter Wasser verbraucht haben – virtuell natürlich, aber dadurch nicht weniger bedeutsam. Virtuelles Wasser steckt in zahlreichen Produkten, die wir tagtäglich nutzen oder verbrauchen. So werden pro Tasse Kaffee rund 140 Liter Wasser benötigt, um die Kaffeesträucher zu bewässern und die geernteten Bohnen zu waschen. Für die Herstellung eines Kilos Rindfleisch werden etwa 15 400 Liter Wasser benötigt, rund 98 Prozent davon fließen in den Anbau der benötigten Futtermittel. Und die Herstellung eines T-Shirts erfordert den Einsatz von rund 4100 Litern Wasser, hier entfällt der größte Anteil auf die Bewässerung der Baumwollplantagen.
Wenn man diesen virtuellen Wasserverbrauch addiert, ergibt sich für jeden Bundesbürger ein virtueller Wasserverbrauch von 4000 bis 5000 Litern – pro Tag. Er liegt damit deutlich über dem realen Wasserverbrauch, der in den vergangenen Jahren in Deutschland unter anderem durch wassersparende Haushaltsgeräte und andere technische Entwicklungen auf rund 140 Liter reduziert werden konnte. Insgesamt deckt Deutschland rund 70 Prozent seines gesamten Wasserverbrauchs durch Importe von Gütern aus dem Ausland.
Auch wenn in diesen Tagen angesichts der dramatischen Entwicklungen in der Ukraine der Fokus auf der Frage liegt, wie die deutsche Energieversorgung auf breitere Beine gestellt und damit die Abhängigkeit von Russland reduziert werden kann: Es gehört zu einer dringend erforderlichen strategischen Neuausrichtung der globalen Beschaffungspolitik der Bundesrepublik, auch andere Importgüter in den Blick zu nehmen. Dies gilt für kritische Rohstoffe wie seltene Erden, die ein wichtiger Bestandteil unserer Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien sind; dies gilt für Silizium, ohne das Solaranlagen keinen Strom liefern – und dies gilt auch für die Frage, wie Deutschland seine Abhängigkeit von Wasserimporten verringern kann. Wie beim Umgang mit Energie ist dabei vor allem auch die Frage zu beantworten, wie wir den Verbrauch durch eine Änderung unserer Konsumgewohnheiten und unseres Nutzungsverhaltens reduzieren können.
Der Autor ist Geschäftsführer des Instituts für Nachhaltige Kapitalanlagen (NKI).