Mehr Rechte für Europäische Betriebsräte

Das EU-Parlament will Europäische Betriebsräte stärken. Bußgelder sollen sich an der Datenschutzgrundverordnung orientieren.
Abschreckende Sanktionen, rechtzeitige Anhörungen und ein besserer Zugang zu Gerichten: Das Europäische Parlament will den Instrumentenkasten von Europäischen Betriebsräten (EBR) besser ausstatten. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Donnerstag in Brüssel für die Annahme eines legislativen Initiativberichts. Darin wird die EU-Kommission aufgefordert, die europäische Betriebsratsrichtlinie zu überarbeiten. Es gehe nicht um eine Revolution, „sondern darum, einzelne Aspekte zu ändern und zu verstärken“, sagte Dennis Radtke in einem Pressegespräch. Der CDU-Politiker ist Mitglied der EVP-Fraktion im Parlament und hat den legislativen Initiativbericht geschrieben.
Rund 1200 Europäische Betriebsräte gibt es in der EU. Sie vertreten Beschäftigte in Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind und mindestens 1000 Angestellte haben, von denen jeweils mindestens 150 Menschen in mindestens zwei EU-Staaten arbeiten. Anders als deutsche Betriebsräte sind die Rechte eines EBR beschränkt: Es geht um Information und Anhörung durch die Unternehmensleitung.
Diese Rechte werden aber häufig ignoriert, denn die Sanktionsmöglichkeiten sind schlecht: Weil viele EU-Staaten keine Arbeitsgerichte kennen, suchten einige EBRs bis zu zwei Jahre nach einem zuständigen Gericht, berichtete Radtke. Außerdem seien die Bußgelder von beispielsweise 5000 Euro für Konzerne kaum der Rede wert.
Betriebsräte: EU-Kommission ist am Zug
Hier setzt das EU-Parlament an: Künftig soll sich der Bußgeldkatalog am Rahmen der Datenschutzgrundverordnung orientieren. Die sieht Bußgeld von bis zu zehn Millionen Euro oder vier Prozent des weltweit erzielten Jahresumsatzes vor – je nachdem, welcher Wert der höhere ist.
Die EU-Kommission müsse darauf achten, dass Europäischen Betriebsräten der Zugang zur Justiz offen stehe, sagte Radtke. Außerdem soll es auch auf EU-Ebene einen einstweiligen Rechtsschutz geben und Arbeitgeber sollen die Kosten für juristische Auseinandersetzungen tragen.
Schließlich seien Betriebsräte „ein wichtiges Tool“ für das Gelingen der Transformation, so Radtke. Allerdings: Zur Pflicht soll der EBR für transnationale Unternehmen in der EU nicht werden.
Dass eine Reform der europäischen Betriebsratsrichtlinie notwendig ist, zeigte im vergangenen Jahr eine Untersuchung des Sozialwissenschaftlers Stan De Spiegelaere. Er stellte fest, dass die gesetzliche Position von Europäischen Betriebsräten bislang relativ schwach ist. Deshalb spiele das Verhalten des Managements die maßgebliche Rolle: Stellt die Chefetage sich quer, haben die EBR-Mitglieder praktisch keine Druckmittel, ihre Rechte durchzusetzen. De Spiegelaere schlug deshalb strengere Gesetze vor, die zum Beispiel Stellungnahmen des EBR zu bestimmten Entscheidungen vorschreiben, – und strengere Strafen für Unternehmen, die sich an diese Regeln nicht halten.
Mit schnellen Veränderungen ist aber nicht zu rechnen: Die Novellierung der Richtlinie werde in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr klappen, sagte Radtke, „aber es ist wichtig, dass wir anfangen“. Bis zum 31. Januar 2024 soll die Kommission einen überarbeiteten Vorschlag für die Richtlinie vorlegen.