Corona-Krise: Arbeitsmarkt dank Kurzarbeit besser als erwartet

Das Kurzarbeitergeld habe viele Arbeitsplätze gerettet, loben Fachleute bei „Nürnberger Gesprächen“. Für Arbeitslose sehe es dagegen schlecht aus.
Mit „Wumms“ wollte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) aus der Corona-Krise kommen. Knapp elf Monate sind seit der Auflage eines 130 Milliarden Euro schweren Konjunkturpakets ins Land gezogen. Zeit genug, ein Zwischenfazit zu ziehen: Wie steht es um den Arbeitsmarkt?
Besser als erwartet – das ist der Tenor der Fachleute, die sich am Montagabend für die halbjährlichen „Nürnberger Gespräche“ des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Stadt Nürnberg digital zusammengeschaltet hatten. Gelobt wurde vor allem ein Instrument der Arbeitsmarktpolitik: „Die Kurzarbeit war genau das richtige Instrument“, sagte IAB-Vizedirektor Ulrich Walwei. Sie habe viele Arbeitsplätze gesichert.
Kurzarbeitergeld als Brücke
Und deshalb sei die großen Summen für das Kurzarbeitergeld gut angelegt, sagte Leonie Gebers, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Um die Beschäftigung zu sichern, sei es aber auch wichtig, dass diese Brücke lange genug sei. Denn: „Wir sind noch nicht am Ende der Krise.“
Das sah auch Detlef Scheele so. Der Vorsitzender der Bundesagentur für Arbeit rechnete vor, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen innerhalb weniger Monate von rund 700 000 Menschen auf knapp 1,06 Millionen gestiegen sei. „Sie zurück in den Arbeitsmarkt zu führen, ist schwer.“
Wegen Kurzarbeit Tausende Mitarbeiter versetzt
Die Pandemie stellte die Bundesagentur für Arbeit in den vergangenen Monaten vor große Herausforderungen, wie Scheele berichtete: Normalerweise bearbeiteten nur 700 Menschen in der Behörde die Anträge auf Kurzarbeitergeld, inzwischen seien es knapp 11 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus anderen Bereich versetzt worden seien. „Dass das alles hingehauen hat, ist eine irre Geschichte“, sagte Scheele.
Dass es gelungen sei, den Arbeitsmarkt zu stabilisieren, liege an einer „Dekade des Aufschwungs“, die der Krise vorangegangen sei, sagte Walwei, und die die Kassen gefüllt habe. Aber: Davon profitiert hätten vor allem jene, die bereits im Arbeitsmarkt seien. „Der Preis aber für jene, die in den Arbeitsmarkt kommen wollen, ist hoch.“ Der IAB-Wirtschaftswissenschaftler sagte, er rechne nun zwar mit einer Phase der Erholung, „aber ohne Neueinstellungen in dem Maße, wie wir uns das wünschen“.
Erst die Pandemie, dann die Transformation
Einigkeit herrschte auch, dass nach der Pandemie mit der digitalen und ökologischen Transformation bereits die nächste Herausforderung wartet. „Das Thema der Zukunft ist Qualifizierung“, sagte Christina Ramb, Mitglied der Geschäftsführung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Man werde schon bald wieder über den Fachkräftemangel reden, befand auch Staatssekretärin Gebers. BA-Chef Scheele räumte zwar ein, dass es wichtig sein, die Menschen zu qualifizieren, insbesondere wegen der Transformationsprozesse etwa in der Autoindustrie. Er betonte aber auch, dass es derzeit mehr Ausbildungsplätze gebe, als Bewerber:innen.
„Wir gehen gebremst aus der Krise“, bilanzierte IAB-Vize Walwei. Schon Ende des Jahres könne die Wirtschaft das Vorkrisenniveau erreichen, beim Arbeitsmarkt werde es dagegen bis weit ins Jahr 2022 dauern. „Wir brauchen Geduld und viel Energie.“