„Ökonomischer Unsinn“: Bundesregierung will Gender-Pay-Gap in Deutschland überwinden
In Deutschland bekommen Frauen im Schnitt 18 Prozent weniger Gehalt als Männer. Arbeitsminister Heil nennt das „ökonomischen Unsinn“ – und will die Lohnungleichheit per Gesetz bekämpfen.
Berlin – Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Grünen-Chefin Ricarda Lang haben zum Equal Pay Day eine bessere Vergleichbarkeit der Entlohnung von Männern und Frauen angekündigt. Heil sagte am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin, im 21. Jahrhundert sei es „ökonomisch Unsinn“, Männer und Frauen nicht gleich zu bezahlen. Der Lohnunterschied beträgt in Deutschland 18 Prozent. Das heißt, Männer bekommen im Durchschnitt 18 Prozent mehr Gehalt pro Stunde als Frauen.
Equal Pay Day: Verschiedene Gründe für Lohnunterschiede
Lang sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), die Koalition arbeite an einer Verbesserung der Entgelttransparenz, „damit Frauen ihren Anspruch auf gleiches Geld für gleichwertige Arbeit zukünftig einfacher durchsetzen können“. Gerechtigkeit gebe es nur mit gleicher Bezahlung, betonte Lang.
Der Gender Pay Gap in Deutschland beträgt 18 Prozent, 11 Prozent davon sind auf die Berufswahl und ein unterschiedliches Arbeitsvolumen zurückzuführen. Sogenannte „klassische Frauenberufe“ seien schlechter bezahlt, sagte Heil. Hinzu komme, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten müssten als Männer, um beispielsweise die Kindererziehung zu übernehmen. Die restlichen sieben Prozent seien auf Lohndiskriminierung zurückzuführen. Gegen diese Diskriminierung will die Bundesregierung mit dem Entgelttransparenzgesetz kämpfen.

Das aktuelle Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen war im Juli 2017 in Kraft getreten; es soll sicherstellen, dass Frauen im gleichen Betrieb für gleiche oder gleichwertige Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten wie Männer. Dafür gibt es mit dem Gesetz einen individuellen Auskunftsanspruch. Firmen mit mehr als 200 Beschäftigten müssen den Mitarbeitern auf Anfrage erläutern, nach welchen Kriterien sie wie bezahlt werden.
Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten sind „aufgefordert“, ihre Entgeltstrukturen mit Blick auf das Entgeltgleichheitsgebot zu überprüfen; sie sind außerdem verpflichtet, einen Bericht zur Gleichstellung und zu Entgeltgleichheit zu erstellen.
Lohngerechtigkeit: Frauen arbeiten 66 Tage lang unbezahlt
„Bis heute haben Frauen umsonst gearbeitet, wenn man ihre Gehälter mit denen von Männern vergleicht“, sagte Lang dem RND. „Das sind rund 66 Tage unbezahlte Arbeit.“ Zusätzlich stellten sich die Frauen teilweise auch noch dem Hürdenlauf der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Das sendet das völlig falsche Signal.“
Vertreterinnen der Koalition hatten bereits zum Equal Pay Day vor einem Jahr angekündigt, das Gesetz weiterzuentwickeln. So sollen Beschäftigte etwa ihre individuellen Rechte durch Verbände geltend machen können, hieß es damals.
Lang kündigte am Dienstag an: „Zudem wollen wir die Tarifbindung steigern, die besonders in Berufen, die oft von Frauen ausgeübt werden, sehr gering ist.“ Das gelte insbesondere im Osten.
Heil forderte in allen Schulen in Deutschland eine frühere Berufsorientierung. Ziel sei, dass alle Schülerinnen und Schüler alle Berufe kennenlernen können. „Wir brauchen für junge Frauen vor allem auch Rollenvorbilder“, sagte Heil. „Wenn junge Mädchen nicht erleben, dass es auch Pilotinnen gibt, dann gibt es wenig Orientierung und dann ist die Berufswahl immer eher sehr klassisch.“ (wal/afp)